Steven Saylor

The Venus throw

New York : St. Martin's, 1995; Paperback ebd., 1996

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Inhalt

Part 1: "Nex"

1. Gordianus wird in seinem Haus in Rom von zwei ungewöhnlichen Gästen aufgesucht, auf den ersten Blick ein junger Mann und eine ältere Frau, in Wirklichkeit aber ein Eunuch und ein Mann aus Alexandria.

2. Dieser ist der Philosoph Dio, Anführer einer kürzlich nach Rom gekommenen Gesandtschaft, den Gordianus von einem früheren Aufenthalt in Alexandria kennt. Er ist zusammen mit Trygonion, einem verschnittenen Priester der Kybele, zu Gordianus gekommen, weil er um sein Leben fürchtet.

3. Gordianus und Dio erinnern sich an ihre frühere Bekanntschaft.

4. Dann berichtet der Philosoph von seiner gefährlichen Lage: er sollte eine hundert Mann große Gesandtschaft der Alexandriner nach Rom führen, um dort die Anerkennung der Königin Berenike zu erreichen, nachdem ihr Vater, Ptolemaios "der Flötenspieler" aus Alexandria nach Rom geflüchtet ist. Doch seit ihrer Ankunft in Italien wurden immer wieder Anschläge auf die Gesandten verübt, und Dio gelangte nur mit wenigen Leuten nach Rom, wo er nach wie vor um sein Leben fürchten muß; er vermutet, daß Pompeius hinter den Machenschaften steckt. Gordianus lehnt jedoch ab, ihm zu helfen, weil er am nächsten Tag seinen Sohn Meto im Winterlager von Caesars Legionen besuchen will.

5. In der Nacht macht Gordianus, der nicht schlafen kann, einen kurzen Spaziergang. Dabei begegnet er seinem Nachbarn Caelius, der mit einigen Gefährten nach Hause kommt, offensichtlich von einer Sauftour, sich dabei aber recht merkwürdig verhält.

6. Gordianus und sein älterer Sohn Eco reisen nach Illyrien zu Meto, der von Caesar als Sekretär bei seinen literarischen Arbeiten verwendet wird. Erst einen Monat später, im Februar, kehren sie nach Rom zurück. Gordianus läßt sich von seiner Frau Bethesda die Ereignisse während seiner Abwesenheit berichten: Caelius hat einen Prozeß gegen seinen früheren Mentor Cicero verloren, und auf dem Forum werden die politischen Verleumdungen immer gröber. Milo und Clodius versuchen sich gegenseitig oder Pompeius lächerlich zu machen, von handgreiflichen Auseinandersetzungen ganz abgesehen. Caelius soll nicht mehr der Liebhaber von Clodius' Schwester Clodia sein. Nur widerwillig berichtet Bethesda auch, daß man Dio ermordet hat.

7. In einem Brief an Meto schildert Gordianus die Umstände der Tat: noch in der Nacht, nachdem er Gordianus aufgesucht hatte, fand man den Alexandriner ermordet im Haus seines Gastgebers T. Coponius.

Part 2: "Noxia"

8. Einige Zeit später schreibt Gordianus wieder an Meto und erzählt, daß unterdessen ein Gefährte des Caelius, Asicius, des Mordes an Dio angeklagt, aber von Cicero erfolgreich verteidigt wurde. Überraschend erscheint der gallus Trygonion wieder und fordert Gordianus auf, mit ihm zu Clodia zu kommen.

9. Wie der Türsteher Barnabas berichtet, ist Clodia ausgegangen, und so suchen Gordianus und Trygonion ihre horti am Tiberufer auf, wo sie Clodia in einem Zelt finden.

10. Die skandalumwitterte Frau schaut jungen Männern beim Baden zu. Sie berichtet, daß sie und ihr Bruder in Verbindung mit Dio gestanden haben. Gordianus soll seinen Mörder überführen, dessen Identität für sie feststeht: Marcus Caelius, der kurz vor dem Mord noch bei Clodia war. Einer der Schwimmer gesellt sich zu ihnen, Clodias Bruder Clodius.

11. Am Abend berichtet Gordianus dem skeptischen Eco von Clodias Auftrag. Sie unterhalten sich über die Familie der Clodier. Auf dem Rückweg werden Gordianus und sein Leibwächter Belbo von einem Unbekannten verfolgt.

12. Gordianus sucht am nächsten Morgen L. Lucceius auf, in dessen Haus Dio nur knapp einem Giftanschlag entkam. Lucceius, der zunächst glaubt, daß Gordianus für Caelius' Verteidiger Cicero arbeitet, gibt (freilich nicht sehr aussagekräftige) Auskunft, bis er seinen Irrtum bemerkt. Von Lucceius' Frau erfährt Gordianus etwas mehr; die beiden Sklaven Luca und Juba, die den Anschlag ausgeführt haben könnten, wurden von Lucceius nach Picenum in eine Silbermine deportiert.

13. Als nächstes befragt Gordianus Dios letzten Gastgeber Coponius, der von Dios Tod berichtet. Eher widerwillig erzählen er und sein Sklave Philo auch, daß Dio mitunter die sexuellen Dienste der Sklavin Zotica in Anspruch nahm und sie dabei brutal mißhandelte. Coponius hat sie inzwischen an einen Sklavenhändler verkauft.

14. Gordianus läßt Eco nach Zotica suchen. Trygonion bittet Gordianus zu einem Ausflug mit Clodia, die ihn in ihrer Sänfte zum alten Friedhof der Claudier mitnimmt, wo sie berichtet, daß Caelius einen Mordanschlag auf sie plant. Das Gift soll am nächsten Tag an einen ihrer angeblich untreuen Sklaven übergeben werden, und Gordianus soll als Zeuge dabei sein. Außerdem gibt Clodia ihm Geld, um Lucceius' Sklaven zu kaufen.

15. Wieder vor seiner Haustür angekommen, bemerkt Gordianus einen seltsamen jungen Mann, vielleicht der nächtliche Verfolger, der dann aber verschwindet. Am nächsten Morgen schickt Gordianus Eco aus, nicht um Luca und Juba, sondern um die nach Campanien verkaufte Zotica zu suchen. Nachmittags läßt Clodia Gordianus in die Senischen Bäder bringen, wo die Übergabe vor sich gehen soll. Dort trifft er den jungen Mann wieder, dessen Name Catullus ist. Die Giftübergabe durch Caelius' Handlanger Licinius scheitert aber, weil Clodias Leute zu voreilig sind; Licinius entkommt mit dem Gift.

Part 3: "Nox"

16. Clodia ist nicht zu Hause, als Gordianus ihr von der mißglückten Aktion berichten will. Er wartet und trifft dabei auf Clodius, mit dem er sich unter anderem über die Familie der Claudier unterhält sowie über den Dichter Catullus, der früher zu Clodias Kreis gehörte. Später schläft Gordianus ein und verläßt in der Nacht Clodias Haus, ohne mit ihr gesprochen zu haben.

17. Vor seiner Haustür wird Gordianus von Catullus abgefangen, der ihn für Clodias neuen Liebhaber hält und ihn in eine Spelunke mitnimmt. Dort treffen sie auf Caelius und seine Kumpane Asicius und Licinius. Caelius beteuert, nicht der Mörder Dios zu sein.

18. Gordianus, von Bethesda ungnädig aufgenommen, will an Meto schreiben. Nachdem seine junge Tochter Diana den Brief mit Betrachtungen über die seltsame Natur der Liebe gelesen hat, verbrennt er ihn und sucht den Tag lang vergeblich nach der Quelle des Gifts für den Anschlag auf Dio. Bei seiner Rückkehr findet er Clodias Sänfte vor seinem Haus. Im Garten belauscht er Bethesda und Clodia, wie sie sich in Gegenwart Dianas darüber unterhalten, als junge Mädchen vergewaltigt worden zu sein. Bethesda hat gegenüber Gordianus noch nie darüber und über den Tod ihrer Mutter gesprochen.

19. Später erzählt Bethesda Gordianus, daß Clodia sie zu einer Feier anläßlich des Fests der Großen Mutter eingeladen hat. Am nächsten Tag erscheint der aufgeregte Trygonion und holt Gordianus zu Clodia, die unter den Folgen einer Vergiftung leidet; das Gift hat ihre Sklavin Chrysis in der Küche aufbewahrt. Da Clodia nur eine kleine Dosis genommen hat, wird sie überleben.

20. Am nächsten Tag beginnt auf dem Forum der aufsehenerregende Prozeß gegen Caelius, der von Cicero und Crassus verteidigt wird. Unter den Zuschauern ist auch die wieder genesene Clodia. Der Anschlag auf sie wird von den Anklagevertretern, die zuerst sprechen, ebenfalls Caelius angelastet.

21. Abends gehen Gordianus und Bethesda zu Clodias Fest, wo Catullus ihr Tischnachbar ist. Er wird von der Gastgeberin gebeten, ein Gedicht vorzutragen, das von der Selbstentmannung des Attis handelt.

22. Später unterhält sich Clodia mit Gordianus und bittet ihn, am nächsten Tag für die Anklage auszusagen. Gordianus sagt nur widerwillig zu. Nachdem er mit Bethesda nach Hause zurückgekehrt ist, sucht er nach einer Dose mit Gift, die er mit dem bei dem Anschlag auf Clodia verwendeten vergleichen wollte. Die Dose ist leer, und ein Ohrring zeigt, daß Bethesda das Gift genommen hat; von Gordianus zur Rede gestellt, leugnet sie nicht. Der erzürnte Gordianus eilt zu Clodia und beschuldigt sie, mit Bethesdas Hilfe ihre eigene Vergiftung inszeniert zu haben, um Caelius zu belasten. Clodia streitet ab, und Gordianus verläßt sie.

23. Auf der Straße trifft er Catullus, der ihn wieder in eine Kneipe mitnimmt und dann in seine Wohnung, wo er Gordianus eine Familiengeschichte der Claudier erzählt, die die ansonsten auf ihre Vorfahren stolze Clodia verschweigt. Außerdem berichtet er, daß sogar Cicero einst in Clodia verliebt war.

Part 4: "Nexus"

24. Am Morgen geht Gordianus wieder zur Verhandlung, wo Caelius selbst zu seiner Verteidigung spricht und dabei Clodia angreift. Während seiner Rede erscheint Eco mit wichtigen Nachrichten. Er hat die Sklavin Zotica gefunden und mitgebracht, die eine erschreckende Geschichte zu erzählen hat: als Dio sie nach seiner Rückkehr vom Besuch bei Gordianus wieder mißhandelte, zeigte er plötzlich Symptome einer Vergiftung und starb. Gordianus wird klar, daß Bethesda das Gift nicht für Clodia genommen, sondern damals Dio gegeben hat, in dem sie ihren früheren Herrn erkennen mußte, der ihre Mutter umgebracht und sie selbst mißhandelt hatte.

25. Gordianus und Eco kehren zur Verhandlung zurück, wo nach Caelius inzwischen Crassus gesprochen hat. Cicero beginnt die abschließende Verteidigungsrede, in der er mit meisterhafter Rhetorik Caelius entschuldigt und Clodia mit den übelsten Vorwürfen und Andeutungen angreift.

26. Caelius wird freigesprochen, und Gordianus läuft ziellos in der Stadt umher. Als er sich in der bekannten Kneipe betrinkt, erscheint Caelius, der mit seinen Freunden (darunter Catullus, der bei den Reden geholfen hat) seinen Freispruch feiert. Im Überschwang des Sieges gibt er Gordianus gegenüber zu, sehr wohl hinter den Anschlägen auf die Gesandtschaft zu stecken; als sie Dio bereits tot vorfanden, stachen er und Asicius zum Schein auf die Leiche ein, weil Pompeius und Ptolemaios ihnen für den Mord Schuldenbefreiung versprochen hatten. Caelius hat auch die Giftanschläge auf Clodia ausgeführt. Als Catullus daraufhin auf ihn losgehen will, setzen Caelius' Leibwächter ihn und Gordianus auf die Straße.

27. Gordianus übernachtet bei Eco, weil er sich noch nicht in der Lage fühlt, zu Bethesda zu gehen. Deswegen sucht er zuerst Clodia auf, die aber überstürzt abgereist ist. Zu Eco zurückgekehrt, findet er dort überraschend Meto vor, der als Bote Caesars nach Rom gekommen ist. Gordianus kehrt nach Hause zurück und söhnt sich mit Bethesda aus. Er hat erkannt, daß nicht sie Dio vergiftet hat, sondern Diana, der ihre Mutter schon früher von ihrem einstigen Peiniger erzählt hat.

Bewertung

Saylor ist bei weitem nicht der erste, der Ciceros Rede für Caelius gegen den Strich liest (Ähnliches hat er ja auch schon mit Pro Sex. Roscio Amerino und den catilinarischen Reden getan) und die Anschuldigungen gegen Clodia als die rhetorischen Übertreibungen aufzeigt, die sie zumindest zum Teil sicher sind. Generell hat gerade dieser Abschnitt der Geschichte der späten Republik in den letzten Jahren einmal mehr große Aufmerksamkeit erfahren; die komplexe, nicht von starren Parteibildungen strukturierte Form der politischen Auseinandersetzungen scheint sowohl bei Wissenschaftlern[[1]] wie auch Schriftstellern unserer Tage[[2]] einen Nerv zu treffen.

Noch etwas stärker als in den bisherigen Romanen Saylors fällt eine gewisse Tendenz auf, Ereignisse indirekt zu schildern, in Unterhaltungen zweier Personen oder in Briefen, so z. B. die Familiengeschichte der Clodier in Kap. 11, die Saylor anscheinend unbedingt ausführlich darstellen wollte, da sie ja auch als Hintergrund für Ciceros in großen Auszügen (21 Seiten, einschließlich einiger Einschübe durch Gordianus) wiedergegebene Rede für Caelius dient. Zitiert werden daneben mehrere Gedichte Catulls, unter anderem Nr. 30 (Egnatius) und Nr. 63 (Attis); andere dienen als Quelle für Elemente der Handlung (z. B. die Badediebe Vibennius Vater und Sohn, Nr. 33; die salax taberna, Nr. 37).

Durch diese Abschnitte wird der Gang der Handlung zeitweise recht stark gehemmt, aber Saylor schafft es doch, den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. Daß die Spur zum Schluß nicht in die Gefilde der hohen Politik, sondern in seinen eigenen Haushalt führt, ist eine geschickte Idee und kann etwas dafür entschädigen, daß die Vorgänge um Clodia und Caelius sich recht voraussehbar entwickeln.

Nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil Saylor sich eng an seine Quellen (und zuverlässige Sekundärliteratur wie T. P. Wiseman, Catullus and his world [1985]) hält, ist der Roman ziemlich frei von den sonst genreüblichen Fehlern und Versehen; so ist z. B. der historische Hintergrund für die Gesandtschaft Dios korrekt wiedergegeben (Kap. 4).[[3]]. Es bleiben einige Kleinigkeiten: Asia, das ehemalige Königreich Pergamon, war zwar eine reiche Provinz, aber kein eigentliches Kornausfuhrland wie Sizilien, Nordafrika oder Ägypten[[4]]. Zur Zeit der Einführung des Kybelekults in Rom 205/204 v. Chr. gab es noch keine Quindecimviri sacris faciundis, sondern Xviri (S. 217), aber hier könnte die Erzählerin Clodia natürlich auch von den Verhältnissen ihrer eigenen Zeit ausgegangen sein (bei Liv. 29, 10, 4 ist korrekt von den Dezemvirn die Rede).

Einmal nennt Clodia ihren Bruder versehentlich "Clodius" und nicht, wie sonst stets und korrekt, beim Vornamen "Publius" (S. 177).

Weitere Meinungen

Kate Regan Eaton, The San Francisco Chronicle, 10.5.1995:

"Saylor's style is agreeably smooth and only occasionally is he waylaid by pedantry, the historical novelist's worst trap. The Venus Throw is an absorbing look at a time when men tried to rule themselves wisely and failed: in part, Saylor suggests, because they ignored their own humanity."

Anmerkungen

1. Vgl. zuletzt z. B. Jörg Spielvogel, "P. Clodius Pulcher - eine politische Ausnahmeerscheinung der späten Republik?", Hermes 125 (1997), 56-74; Mary Siani-Davies, "Ptolemy XII Auletes and the Romans", Historia 46 (1997), 306-340. (zurück)

2. Außer bei Saylor finden sich Clodius, Clodia und Caelius als Romangestalten unter anderem in der C.V.T.-Serie von Hans Dieter Stöver (1982/1983), der SPQR-Reihe von John Maddox Roberts (ab 1990) sowie bei Benita Kane Jaro (1988, 1994), Tom Holland (1995) und Bernhard Hennen (1996); bei letzterem wird auch der Tod Dio(n)s geschildert, aber als Schluß- und nicht Ausgangspunkt der Handlung. (zurück)

3. Diese Schilderung (S. 32-36) beruht über weite Strecken, teilweise sogar wörtlich, auf dem entsprechenden Kapitel bei Wiseman (s. o.), S. 54-59. (zurück)

4. S. 35: "It became a province of the empire and to this day supplies the people of this city with subsidized grain". Diese Passage beruht, etwas mißverständlich gekürzt, auf Wiseman, a. a. O., S. 55: "[Asia] had been immediately exploited to provide regular tribute for a Roman treasury now responsible for supplying the citizens of Rome with subsidised corn supplies." Vgl. aber auch ebd., S. 95-96, zu custodia publici frumenti auf Delos. (zurück)