John Maddox Roberts

SPQR

New York : Avon, 1990; Neuausg. u. d. T. The king's gambit. - New York : St. Martin's Minotaur, 2001
Dt. Übers. u. d. T.: SPQR : ein Krimi aus dem alten Rom. - München : Goldmann, 1992.

Inhalt

Decius Caecilius Metellus, als Mitglied der Kommission der Sechsundzwanzig für die Sicherheit eines römischen Stadtbezirks zuständig, wird durch mehrere Mordfälle in eine Intrige verwickelt, die von den führenden Politikern Roms, darunter den Consuln Pompeius und Crassus sowie der gens der Claudier, gegen den im Osten kämpfenden Feldherrn Lucullus gesponnen wird.

Bewertung

Vorbemerkung: Die folgende Kritik wurde kurz nach Erscheinen der deutschen Ausgabe 1992 geschrieben, als noch nicht absehbar war, daß aus Roberts' Buch eine langlaufende Reihe hervorgehen würde. Ich habe die teilweise recht negativen Bemerkungen stehenlassen, insbesondere um auf die mangelhafte Qualität der deutschen Ausgabe hinzuweisen. Diese hat sich in den folgenden Bänden der Reihe leider nicht verbessert, während bei Roberts selbst nach den ersten Büchern eine deutliche Steigerung festzustellen ist (dazu siehe die entsprechenden Rezensionen). Zum Autor, der auch zahlreiche Science-Fiction- und Fantasy-Romane verfaßt hat, vergleiche seine kurzen autobiographischen Bemerkungen.


Roberts, der mit diesem Band den ersten einer Serie von Kriminalfällen für Caecilius Metellus vorgelegt hat, ist dazu sicher nicht von Lindsey Davis angeregt worden, deren erster Roman praktisch gleichzeitig erschienen ist (Steven Saylor kam erst ein Jahr später). Man könnte eher eine Beeinflussung von H. D. Stöver annehmen, mit dessen C.V.T.-Reihe dieses Buch manche Übereinstimmung aufweist: Die Hauptfigur ist ein jüngerer Angehöriger einer Familie der Nobilität, gerät über einen anscheinend unwichtigen Mord auf die Spur einer hochpolitischen Verschwörung und hat eine Liebesaffäre mit einer Frau aus dem berüchtigten Clodier-Geschlecht. Leider weist der Roman ähnliche Schwächen auf wie die Stöver-Romane (konstruiert wirkende Handlung, hölzerne Dialoge) und leidet auch unter einer mangelnden Kenntnis der römischen Geschichte (wenn er auch vielleicht nicht ganz so ahistorisch ist wie die Werke Stövers). Es ist nicht so, daß Roberts ohne Recherchen geschrieben hat; aber vieles von dem, was er gelesen zu haben scheint, ist nicht recht verstanden.

Auf der antiquarischen Ebene finden sich zahlreiche Fehler und vor allem Anachronismen (die teilweise allerdings der deutschen Fassung anzulasten sein mögen; außerdem gibt es eine große Anzahl Druckfehler):

Zudem kann der Verfasser (oder sein Übersetzer) nur schlecht Latein:

Verglichen mit der vorstehenden Liste sind die Worterklärungen im Glossar auf S. 266–275 relativ korrekt; fehlerhaft ist Folgendes:

Zu den Ungenauigkeiten der Karten siehe die Bemerkungen zum 2. Band der Reihe; hier findet sich obendrein noch eine falsche Datierung auf "60–70 n. Chr."

Noch eine Bemerkung zu Erzähltechnik: Metellus schildert die Geschehnisse in der 1. Person, und zwar als Erinnerungen im hohen Alter zur Zeit des Augustus. Dies kann man daraus schließen, daß er angibt: "[eine Narbe] hat meinen Barbier die ganzen sechzig Jahre, seit man sie mir zugefügt hat, geplagt" (S. 21). Roberts hat dies selbst später noch präzisiert: "The advantage of writing about Decius Metellus is that he lived for a long time and had plenty of adventures. He was born around 93–91 BC. The stories are in the form of a memoir, written when he was a very old man, during the reign of Augustus. He has outlived most of his old enemies and rivals and is past caring what Augustus (whom he despises) does to him." (zitiert in The mammoth book of historical whodunnits, ed. by Mike Ashley [London, 1993], S. 28.) Vielleicht unabsichtlich erweckt Roberts hier den Eindruck, Metellus sei eine historische Figur. Das ist nicht der Fall (vgl. den Kommentar zu SPQR II: Die Catilina-Verschwörung). In späteren Bänden finden sich weitere Anspielungen auf "our First Citizen" (= Augustus).

Die in diesem Roman geschilderte Verschwörung, an der viele der führenden Politiker in der einen oder anderen Form beteiligt sind, ist durchweg fiktiv, aber zumindest theoretisch nicht vollkommen unvereinbar mit dem, was wir über das Rom der späten Republik wissen. Am störendsten für den Althistoriker ist dabei wohl die in späteren Bänden noch akzentuierte Rolle des Clodius, der hier bereits in zarter Jugend die Rolle des "rabble-rousers" zugeschrieben bekommt, die er nach allem, was wir wissen, erst in seinem Tribunat 58 v. Chr. übernahm.[1]. Zugleich wird auch schon Milo als sein beständiger Gegenpart eingeführt, wofür es vor dessen Tribunat, das an Clodius' anschloß, überhaupt keinen Beleg gibt. Auch Milos obskure Herkunft ist Roberts' eigene Erfindung.

Weitere Meinungen

Fred Mench, Classical world 86 (1992/93), 76–77 (wohl auch über http://www.stockton.edu/~roman/fiction/):

"The murder mystery is complicated and, inevitably, politically motivated. The writing is crisp and the action lively. Metellus is much like [Lindsey] Davis' Falco, but his nobilis background (and official status) gives him access to a different class, though Roberts has him state that his outlook on life (and Rome and duty) differs from that of many of his peers.
Beyond a 14 page glossary, Roberts also has his characters (especially Metellus) define and explain terms as they talk with one another."

Erdmann Steinmetz, ekz-Informationsdienst 28/92 (Besprechungen und Annotationen 09/92):

"[...] spannend erzählt und durch viele kulturgeschichtliche Details "angereichert" [...] Ein interessanter historischer Unterhaltungsroman für alle jene, die einen Detektiv einmal nicht im Trenchcoat, sondern in der Toga agieren sehen möchten."

Joyce Park, bei http://www.troutworks.com/bookhistorical.html (auch http://www.mysteryguide.com/):

"[...] far funnier and more engaging than that of Steven Saylor, and a better mystery than those of Lindsey Davis [...] Decius is an amiable sort, and not nearly as naive as people assume. Like all great diarists (the novel is in the form of a memoir) he is a realist, looking at the high-minded rhetoric of others with a skeptical eye [...]"

Anmerkung

1. Zu Clodius vgl. jetzt W. Jeffrey Tatum, The patrician tribune : P. Clodius Pulcher (Chapel Hill [u. a.], 1999) und dazu die Rezension von Jörg Spielvogel, Gnomon 73 (2001), 681-684. [zurück]