Allan Massie

Augustus : the memoirs of the emperor

London: Bodley Head, 1986.
Dt. Übers.: Ich, Augustus. - München: Schneekluth, 1990

(Zur Inhaltsangabe)

Bewertung

Eine von mehreren fiktiven Rekonstruktionen[[1]] der verlorenen Augustus-Autobiographie (die freilich nur bis zum cantabrischen Krieg reichte). Sie gibt, auch dies zunächst einmal nichts Neues, vor, eine Übersetzung des wiedergefundenen Originals zu sein. So originell wie die von Umberto Eco im Vorwort zu Il nome della rosa ist Massies »Auffindungsgeschichte« freilich nicht; dafür liefert er im Vorwort des fiktiven Herausgebers Aeneas Fraser-Graham einige amüsante Seitenhiebe auf den Wissenschaftsbetrieb ab, so bei den konkurrierenden Ausgaben des angeblichen Originaltextes (S. 17: »mit Annotationen in eben den vier Sprachen: Latein, Griechisch, Deutsch und Englisch«; »das Erscheinen beider Ausgaben ... ist ehrgeizig und couragiert für einen Zeitpunkt noch vor dem Ende des Jahrhunderts geplant«, was im Jahr 1986 noch ziemlich weit weg war). Der ironische Ton setzt sich in abgewandelter Form dann auch im eigentlichen Text der »Memoiren« fort.

Die Persönlichkeit des ersten Princeps, die in mancher Hinsicht immer noch rätselhaft erscheint,[[2]] wirkt insgesamt gut getroffen. Augustus greift in der Darstellung Massies immer wieder die antiken oder modernen Kritikpunkte an seiner Person oder seinem Verhalten auf und bemüht sich, sie zu widerlegen. Mitunter widerspricht er sich dabei selbst, ohne es zu bemerken, so wenn er den Vorwurf zurückweist, bei der Gründung des Triumvirats am kühlsten und unversöhnlichsten aufgetreten zu sein (S. 102); seine eigene Darstellung zeigt, daß er sehr wohl alle Emotionen zurückhielt und bereitwillig z. B. Cicero opferte. Insgesamt wird über weite Passagen vor allem in der ersten Hälfte ein unerschütterliches Selbstbewußtsein deutlich, das später mit starken Selbstzweifeln abwechselt. Auch wenn hier vieles angesichts der Quellenlage Konjektur bleiben muß, ist es Massie doch gelungen, Augustus auch menschlich näherzubringen.

Im Vordergrund des Werks stehen in der ersten Hälfte Octavians Aufstieg und die Kämpfe im Triumvirat. Wie der fiktive Herausgeber selbst beschreibt, ist dies eine unterhaltendere Lektüre als der zweite Teil, in dem vor allem die Familien- und implizit Nachfolgepolitik das wichtigste Thema bildet, der Bereich, wo Augustus am menschlichsten zu greifen ist und der mit seinem vielgestaltigen Scheitern ergreifender ist als vieles aus dem Bereich der Politik.[[3]] Deutlich wird hier das immer ausgeprägtere dynastische Denken des Augustus, so bei seiner Verwunderung über die mangelnde Begeisterung des Tiberius angesichts seiner Verheiratung mit Iulia (S. 463-465). Während Massies Augustus lange Zeit auch gegenüber dem Leser daran festhält, nur die Republik wiedererrichtet zu haben, wenn auch in modifizierter Form (S. 376: »Alle meine Macht ruhte fest auf regulären, vom Senat beschlossenen Gesetzen. Sie verstieß in keiner Weise gegen die Prinzipien der Republik.«), deutet er später doch die wahre Natur seiner Herrschaft an (S. 475: »Ich bildete die Herrscher der Republik aus«, bezogen auf Gaius und Lucius). Schön deutlich wird auch die mitunter groteske Selbsttäuschung, so im Hinblick auf verfrühte Ehrungen für seine Enkel (S. 476: »ich vereitelte das Vorhaben, wenngleich es mich freute, wie sehr man die Jungen schätzte«; daß die Senatoren ihm zu Willen sein wollten, nicht den beiden Prinzen, hat Augustus nicht erkannt). Gerade hier hat Massie wohl die Persönlichkeit des Augustus gut erfaßt. Seine Rekonstruktion ist insgesamt wohldurchdacht und überzeugend.

Besonders aufschlußreich sind auch die amüsanten, mitunter sentenzenhaften oder ironischen Bemerkungen über bestimmte Personen (Cicero, S. 39-40 und 95; Caesar, S. 51) oder allgemein-menschliche Verhaltensweisen. Der erste, an Gaius und Lucius gerichtete Teil ist damit zugleich eine Art Fürstenspiegel, der zweite hat passagenweise fast Bekenntnischarakter, wenn wir auch von den Confessiones Augustins weit entfernt sind. Ein Rezensent hat Massie die Banalität dieser Bemerkungen vorgeworfen,[[4]] ohne zu erkennen, daß der Autor auf diese Weise die persona des Augustus charakterisiert. Derselbe Kritiker fand auch die Zeichnung der Nebenfiguren hölzern. Dies stimmt in einem gewissen Maße; die meisten Gestalten neben Augustus bleiben sehr blaß, aber auch hier muß das Genre berücksichtigt werden: der fiktive Augustus ist kein Romancier (auch wenn er mitunter schon wie einer schreibt ...), sondern verfaßt eine Autobiographie, in deren uneingeschränktem Mittelpunkt er selbst steht. Daß Augustus' tatsächliches Werk, wäre es erhalten, auf moderne Leser noch weit langweiliger wirken würde, kann man getrost annehmen.

Mitunter findet sich zur Erläuterung von historischen Umständen die für historische Romane so typische Form der praeteritio: »Ein Triumph, das brauche ich euch sicher nicht zu sagen, ist eine Ehre« usw. (S. 210), und es folgt eben doch eine Erklärung, die für die beiden angeredeten Caesares in der Tat überflüssig gewesen wäre, nicht aber für viele moderne Leser. Massies Geschick zeigt sich aber darin, daß er auch hier über eine bloße Realienschilderung hinausgeht und sie vielmehr in eine Passage einbettet, in der er Augustus einmal mehr durch Kritik an Antonius eine Rechtfertigung seines eigenen Handelns geben läßt. (In dem Teil, der sich ausdrücklich an spätere Leser richtet, braucht der Erzähler keine Rücksichten dieser Art mehr zu nehmen, so z. B. bei Augustus' ausführlicher Charakterisierung der Verfassung der Republik [S. 310-313]). Insgesamt hält Massie sich durchweg an die überlieferten Tatsachen (zu einigen erfundenen Episoden siehe unten).[[5]] So ist sein Werk über weite Strecken geradezu als Kommentar zu einer modernen wissenschaftlichen Augustus-Biographie zu lesen, in der man viele Übernahmen Massies aus den Quellen wiedererkennen kann.

Faktische Fehler bzw. Abweichungen von der Überlieferung kommen durchaus vor, sind aber überwiegend nicht von großer Bedeutung, und ihre Auflistung im Folgenden soll keine pedantische Rechthaberei sein. Doch dürften nicht alle interessierten Leser über eine ausführliche Augustus-Biographie mit Quellenbelegen verfügen und sind vielleicht für einige Hinweise dankbar. Beachten sollte man auch, daß der gewitzte Massie sich schon vorweg durch den fiktiven Herausgeber entschuldigen läßt, der »gewisse Irrtümer und Selbsttäuschungen« in den Erinnerungen konstatiert.

S. 9–11: das Namensverzeichnis ist ohne Stemma der Familie des Augustus für Nicht-Fachleute sicher etwas verwirrend; außerdem finden sich einige Ungenauigkeiten: Maecenas dürfte entgegen der Namensform bei Tac. ann. 6, 11, 2 kaum das Gentiliz »Cilnius« getragen haben (»Maecenas« selbst ist der Gentilname); die Reihenfolge »Longinus Cassius« ist ungewöhnlich; warum Sex. Pompeius als »Pompejanus« bezeichnet wird, so als ob er nur adoptiert sei, ist mir nicht klar (die beiden letzten Fehler tauchen auch in Massies Caesar-Roman wieder auf).

S. 25: Maecenas war nicht bei Octavius in Apollonia, als die Nachricht vom Tod Caesars eintraf.

S. 30: im März 44 landete Octavius mit seinen Gefährten nicht in Brundisium, sondern aus Sicherheitsgründen an einer abgelegenen Stelle, in der Nähe von Lupiae (Lecce).

S. 44: Ciceros berüchtigtes laudandum adulescentem, ornandum, tollendum (fam. 11, 20, 1) ist wiedergegeben mit »gelobt, geehrt ... und beseitigt« (Original: “he must be praised, decorated and ... disposed of ...”), ohne jeden Hinweis auf das Wortspiel; außerdem gehört es in eine spätere Phase, nach dem Bellum Mutinense (dementsprechend wird es S. 79 noch einmal erwähnt, mit der irritierenden Bezeichnung »Epigramm«).

S. 128–129: Fulvia war während der Belagerung nicht in Perusia.

S. 133: Scribonia war sicher nicht 20 Jahre älter als Augustus. Die zu erschließenden Geburtsdaten ihrer Kinder deuten auf eine Geburt zu Beginn der 60er Jahre; sie war laut Seneca im Jahr 16 n. Chr. noch am Leben. Außerdem war Sextus Pompeius nicht ihr Schwiegersohn (S. 135), sondern der ihres Bruders.

S. 160: Drusus wurde nicht drei Tage, sondern drei Monate nach der Heirat Livias und Octavians geboren.

S. 161–177: die ergreifende Schilderung von Octavians versuchtem Selbstmord nach verlorener Schlacht ist belegt; der Vertraute, der Octavian davon abbrachte, war aber der Ritter Gaius Proculeius, der später z. B. die Verhandlungen mit Kleopatra führte; auch war es nicht Agrippa, der Octavian schließlich rettete, sondern Messalla Corvinus, der, obwohl er eine nicht unwichtige Rolle in augusteischer Zeit spielte (kurzfristig praefectus urbi, später curator aquarum, vor allem aber Redner und literarischer Patron), in Massies Roman nur an einer Stelle vorzukommen scheint, nämlich bei der Beantragung des Titels pater patriae für Augustus (S. 518).

S. 181–185: Octavians Übernahme der Truppen des Lepidus, indem er ihr Lager aufsuchte, verlief nicht ganz so reibungslos wie von Massie geschildert.

S. 225–237: für die im wahrsten Sinne romanhaften Umstände, unter denen Octavian das Testament des Antonius an sich bringt, lassen sich keine antiken Zeugnisse finden.

S. 231: im Jahr 32 gab es noch keinen Praetorianerpraefecten.

S. 282: die Abkürzung für das praenomen Gaius ist »C.«, nicht »G.«

S. 292: das Mausoleum wurde nicht erst in den letzten Lebensjahren des Augustus, nach der Ara Pacis, gebaut, sondern schon bald nach dem Sieg im Bürgerkrieg.

S. 313–316: die berühmte Verfassungsdebatte ist aus Cassius Dio übernommen, mit ihr auch die absurde Charakterisierung des Agrippa als »Demokraten«, der zur Wiederherstellung der alten Republik rät.

S. 324: abstruse Übersetzung von augurium augustum mit »Augustus der Auguren«.

S. 342: Aelius Gallus unternahm den Zug nach Arabien, nicht sein Vorgänger als Praefect von Ägypten, Cornelius Gallus.

S. 354: Verurteilung zu den Galeeren gab es im römischen Strafrecht nicht (doch vgl. den Hinweis in der Besprechung von Saylor, Arms of Nemesis).

S. 471: die Einweihung der Ara Pacis erfolgte am 30. Januar 9 v. Chr. (dem Geburtstag Livias), also Monate vor Unfall und Tod des Drusus.

Daß zahlreiche geographische Namen in moderner Form gebracht werden (»Basilicata«, »Abruzzen«, »Arles«, »Tyrol und Bavaria« [S. 433, auch in der deutschen Übersetzung in den englischen Formen], daneben aber z. B. »Brundisium«, »Gallia Transalpina«) , entspricht dem Vorbild von Robert Graves in den Claudius-Romanen. Mitunter schwankt der Autor auch: neben »Campanien« (S. 39, im Original “Campania”) steht »Campagna« (in der deutschen Übersetzung S. 32 ebenfalls als »Campanien« wiedergegeben). Einige Namensformen sind generell zweifelhaft: »Mylyssa« (S. 224, statt Mylasa), »Augustodonum« und »Lugdonum« (S. 434, statt des üblichen -dunum); »Limrya« (S. 516) ist vermutlich ein Druckfehler in der Übersetzung, »Aroinum« (S. 39) einer im englischen Original, der von der Übersetzung sklavisch übernommen worden ist.

Auch sonst finden sich zahlreiche anachronistische Ausdrücke, von denen sich einige kaum vermeiden lassen, wenn man in einer modernen Sprache erzählt; andere sind diskussionswürdig: »Cacciocavallo-Käse« (S. 41); »Pfennig« (45 u. ö., im Original “penny”), »Weinflasche« (S. 149 u. ö.). Manches rechtfertigt der Autor selbst, so schon im Vorwort des angeblichen Herausgebers die Verwendung der christlichen Jahreszählung (S. 21), auch wenn es kaum stimmen dürfte, daß Augustus selbst die Zählung a. u. c. verwendet hätte.

Besonders erwähnenswert ist die gleichsam augenzwinkernde Integration von nachantikem Material, so bei der Wiedergabe des berühmten Beginns von Antonius' Leichenrede auf Caesar bei Shakespeare (»Freunde, Römer, Landsleute«, S. 58) oder einem weiteren angeblichen Ausspruch des Antonius (S. 517, wohl wörtlich aus Antony and Cleopatra 3, 13: “Let's have one other gaudy night: call to me all my sad captains; fill our bowls once more; let's mock the midnight bell”). Octavians heimlicher Streifzug durch sein Feldlager (S. 144-149) stammt natürlich direkt aus Shakespeares Henry V. Weitere Shakespeareanspielungen lassen sich finden (S. 118: der Nachruf des Antonius auf Brutus ist fast wörtlich dem Schluß von Julius Caesar entnommen; S. 269, aus Antony and Cleopatra 5, 1 [“The breaking of so great a thing should make a greater crack: the round world should have shook lions into civil streets, and citizens to their dens”] und 4, 15 [“And there is nothing left remarkable beneath the visiting moon”]); sie kommen auch in späteren Bänden des Autors vor. Das einem unbekannten “poet” zugeschriebene “evermore came out, by that same door wherein I went” (S. 50; in der Übersetzung: »heraus kam immer mehr, zur selben Tür, durch die es eingegangen«) stammt aus dem Rubayat des Omar Khayam und somit aus dem 12. Jahrhundert n. Chr.

Geradezu grotesk sind die Zitate der modernen Forschung, so die Aufnahme des Mommsenschen Begriffs der »Dyarchie« (S. 325); auch den Begriff der »Romanisierung« läßt Massie seinen Augustus erfinden (S. 435). Weniger zu beanstanden ist das berühmte, aber höchstwahrscheinlich nachantike »teile und herrsche« (S. 436). Ein verdeckter Scherz ist es auch, wenn Augustus angibt (S. 137): »ich habe gehört, daß 'Nero' im alten sabinischen Dialekt 'stark' bedeute [die richtige Etymologie], wenn auch manche behaupten, es heiße 'schwarz' « - nämlich im modernen Italienisch! Daneben werden auch antike Autoren zitiert, so ausgerechnet der bei Augustus in Ungnade gefallene Ovid, allerdings ohne ihn beim Namen zu nennen (S. 377: »Niemand ist vor seinem Tode glücklich zu nennen«, nach met. 3, 136: nemo ante mortem beatus, das wiederum auf eine Sentenz bei Herodot [1, 32, 7] zurückgeht). Ohne Zweifel ließen sich noch weitere Anspielungen und Zitate finden.

Die deutsche Übersetzung wirkt im großen und ganzen akzeptabel; eine Kontrolle war nur beim ersten Kapitel möglich. Auf das Konto des Übersetzers gehen: »einen Plebiszit« (S. 45), »pro-antonionische« (S. 228), »Disziplinarier« (432) und »Praetorianerrang« (S. 532, statt »praetorischer Rang«). Eine Anspielung auf Caesars berühmten Ausspruch am Rubikon (“I too had let the dice fly high”) verschwindet leider in der Übersetzung (S. 43: »daß auch ich mit hohem Einsatz in dieses Spiel eingestiegen war«). Unschön sind die recht zahlreichen Druckfehler in der deutschen Ausgabe.

Trotz der in der zweiten Hälfte dieser Besprechung vorgetragenen Kritik an zahlreichen Einzelheiten bleibt ein positiver Gesamteindruck. Natürlich ist dies kein Versuch einer wissenschaftlichen Rekonstruktion der Augustus-Memoiren; aber das Werk zeichnet ein über weite Strecken interessantes und insgesamt stimmiges Bild des ersten Princeps, wie es eine streng nach den Regeln der Geschichtsschreibung vorgehende Darstellung kaum vermöchte.

Weitere Meinungen

Erdmann Steinmetz, ekz-Informationsdienst 12/90 (Besprechungen und Annotationen 05/90):

»In einem autobiographischen Rückblick lässt Kaiser Augustus sein Leben und seine Taten Revue passieren - formal ähnlich wie bereits bei Vandenberg (BA 6/88). Massie gelingt es, das persönliche und politische Leben des Kaisers unter Verzicht auf vordergründige Sensationen zu gestalten und weniger den Herrscher als vielmehr den von Skrupeln und Zweifeln geplagten, keineswegs heroischen Menschen in den Mittelpunkt der literarisch und psychologisch ansprechenden Darstellung zu rücken. Ein kulturgeschichtlich farbiges und fundiertes Bild der Epoche, eine bei aller Länge niemals langweilige Lektüre, anspruchsvoller als Vandenberg. - Breit zu empfehlen.«

Ellen Kay Stoppel, Library journal 112, no. 15 (Sept. 15, 1987), 95:

“a fascinating portrayal ... The tone varies - reflective, philosophical, defensive, sad. [...]”

James Hawking, “Roman history through a hundred novels”, Solander 1997; online: http://www.stockton.edu/~roman/fiction/essay1.htm:

“a self-justifying and self-congratulatory vita narrated by the first emperor. 'Marcus Tullius Cicero was the cleverest man I have ever known, yet I outwitted him constantly,' is an example of the kind of ironic characterization that is one of the many delights of this work.”

Literatur

Kirkus reviews 55 (1987), 1020.

Publishers weekly 232, 24. Juli 1987, 172.

Inhalt

Erstes Buch

Vorwort: Der Herausgeber der in einem griechischen Kloster aufgefundenen Erinnerungen des Augustus leitet ihre Übersetzung durch den Romanautor Allan Massie ein und charakterisiert kurz das Werk.

1. Augustus wendet sich an seine Adoptivsöhne Gaius und Lucius, denen er von seinem Leben berichten will. Er beginnt mit der Nachricht von der Ermordung Caesars, die er (damals noch Octavius) zusammen mit seinen Freunden Maecenas und Agrippa in Griechenland erhielt. Auf Maecenas' Rat kehren sie sofort nach Italien zurück, wo Octavius sein Erbe als Caesars testamentarisch adoptierter Sohn anzutreten gewillt ist, auch wenn sein Stiefvater Philippus ihm abrät, weil die Lage noch völlig unklar ist; Marcus Antonius möchte selbst Caesars Nachfolger werden. Octavius (jetzt als Octavian bezeichnet) nimmt Kontakt zu Cicero auf, der nach wie vor unter Verkennung der Realitäten von der Wiederherstellung der alten Republik träumt; er will den jungen Mann, der durch Agrippa Truppen sammeln läßt, dafür ausnutzen. Octavian läßt sich auf die Auseinandersetzung mit Antonius ein.

2. Cicero hält Reden gegen Antonius, der wiederum behauptet, daß Octavian ihn ermorden wollte. Dieser setzt sich mit Ironie zur Wehr und schließt ein Zweckbündnis mit Cicero und den republikanischen Kräften. Nach einer mißglückten Volksversammlung muß Octavian vorerst Rom verlassen, kann aber zwei Legionen des Antonius für sich gewinnen. Mit diesen wird er auf Betreiben Ciceros in die republikanische Streitmacht eingegliedert, die in Norditalien gegen Antonius vorgeht. Bei den eigentlichen Kämpfen hält er sich zurück. Als Antonius nach Gallien vertrieben ist und beide Consuln gefallen sind, brüskiert der Senat Octavian, der nicht mehr gebraucht zu werden scheint; daraufhin zieht er nach einer Beratung mit seinen Freunden gegen Rom. Der Senat leistet nur wenig Widerstand, zumal seine Truppen zu Octavian überlaufen. Dieser wird zum Consul gewählt (Maecenas arrangiert dabei ein glückverheißendes Omen) und hebt die Amnestie der Caesarmörder auf.

3. Octavian zieht mit seinen Truppen nach Norden, Antonius und Lepidus entgegen. Auf einer Flußinsel treffen sich die drei Vertreter der caesarischen Partei und verabreden ein gemeinsames Vorgehen angesichts der Präsenz der Caesarmörder im Osten. Zur Finanzierung gehen sie auf Vorschlag Octavians den Weg Sullas und schreiben reiche Gegner zur Proscription aus. Formal wollen sie sich dafür zu einem Triumvirat erklären lassen. Dann legen sie die Namen der zu Ächtenden fest. Einige offensichtliche Kandidaten wie die reichen Atticus und Balbus werden verschont, aber Octavian stimmt zu, als Antonius den Tod Ciceros verlangt.

4. Antonius und Octavian besiegen Brutus, Cassius und ihre Anhänger. Nach dem bitteren Erfolg im Bürgerkrieg muß Octavian in Italien die zahlreichen Veteranen ansiedeln. Unter denen, die dabei ihren Besitz verlieren, ist auch der junge Dichter Vergil, dem Octavian nach einer Begegnung auf Vermittlung des Maecenas seinen Familienbesitz zurückgibt. Die Lage in Italien wird immer kritischer, was vor allem an Antonius' Bruder Lucius, dem derzeitigen Consul, und Antonius' herrschsüchtigen Frau Fulvia liegt, zwischen denen und Octavian es schließlich zum Krieg kommt, der in der Belagerung von Perusia endet. Octavian kann sich nach erbitterten Kämpfen durchsetzen, läßt seine beiden Widersacher aber am Leben.

5. Augustus berichtet von seiner Ehe mit der vornehmen, aber kratzbürstigen Scribonia und seiner Begegnung mit der aus der Familie der Claudier stammenden Livia, in die er sich sofort verliebt.

6. Es scheint wieder zum Konflikt zwischen Octavian und Antonius zu kommen, der mit Heer und Flotte in Italien landet. Octavian erkundet heimlich die Stimmung bei seinen Soldaten, die eigentlich keinen Kampf wollen. Er läßt von Maecenas und Antonius' Abgesandten Asinius Pollio ein Abkommen aushandeln, das durch die Heirat von Antonius mit Octavians Schwester Octavia besiegelt wird. Octavian macht Livia den Hof, obwohl beide noch verheiratet sind und sie sogar schwanger ist; ihr Sohn Drusus wird drei Tage nach der Hochzeit geboren.

7. Nach einem gescheiterten Landeunternehmen auf dem Feldzug gegen Sextus Pompeius muß Octavian sich verwundet mit einem einzigen Getreuen tagelang auf Sizilien verstecken. Er wird zunehmend verzweifelt und bittet den Soldaten schließlich, ihn zu töten, als er befürchtet, gefangengenommen zu werden. Der Soldat verweigert dies, und tatsächlich erscheint Agrippa und rettet die Versteckten.

Danach verläuft der Krieg gegen Pompeius (der sich in den Osten flüchtet und von Antonius hingerichtet wird) erfolgreich. Lepidus, der am Feldzug auch beteiligt war, will die Gelegenheit benutzen, um seine Machtstellung wieder auszubauen. Octavian kann seine Soldaten aber dazu bringen, zu ihm überzugehen, und Lepidus unterwirft sich in einem würdelosen Schauspiel.

8. Die Spannungen zwischen Octavian und Antonius nehmen wieder zu, nachdem dieser Octavia nach Italien zurückschickt, bevor sein Krieg gegen die Parther scheitert.

9. Antonius ist völlig verstrickt in seine Beziehung zur ägyptischen Königin Kleopatra.

10. Octavian quält sich mit der Frage, ob er eine Entscheidung gegen Antonius herbeiführen soll, und fragt nacheinander Livia, Maecenas, Agrippa und Vergil um Rat. Letzterer überzeugt ihn mit der Geschichte vom Priester der Diana am Nemi-See, sich seiner Verpflichtung zu stellen.

11. Antonius verschenkt das römische Reich im Osten an Kleopatra und ihre Kinder. Octavian sorgt für klare Fronten, indem er die Anhänger des Antonius aus Italien vertreibt. Im Gegenzug kommt Munatius Plancus zu ihm, bisher ein Vertrauter des Antonius, von dessen skandalösem Testament er berichtet, das im Tempel der Vesta deponiert ist. Octavians Umgebung, vor allem Livia, widersetzt sich dem in ihren Augen frevelhaften Ansinnen, das Testament an sich zu bringen. Agrippa soll heimlich dafür sorgen, doch werden die von ihm gemieteten Diebe ertappt. Octavian kann seine Beteiligung mit Mühe verschleiern und schafft es schließlich sogar, sich das Testament aushändigen zu lassen. Er mobilisiert damit ganz Italien zum Krieg gegen Kleopatra.

12. Die Armeen von Octavian und Antonius liegen sich an der Bucht von Actium gegenüber. Octavian erhält ziemlich kühle Briefe von seiner Frau, die ihm immer noch das Sacrileg übelnimmt. Antonius' Anhänger beginnen ihn zu verlassen, wie Domitius Ahenobarbus, »ein verstockter und tugendsamer Republikaner«.

13. Schließlich will Antonius mit seiner Flotte ausbrechen. Agrippa rät zur Entscheidungsschlacht, die er gewinnt, während Antonius nach Ägypten flieht. Sein Landheer geht zu Octavian über.

14. Als Octavians Truppen vor Ägypten stehen, bittet Antonius brieflich darum, sich ins Privatleben zurückziehen zu dürfen. Als seine Legionen ihn verlassen und er die Nachricht bekommt, daß Kleopatra Selbstmord begangen habe, stürzt er sich in sein Schwert. Sterbend wird er zur noch lebenden Kleopatra gebracht. Octavian trauert um ihn und läßt sich von Kleopatra nicht betören. Er tötet ihren angeblichen Sohn von Caesar und Antonius' Sohn aus seiner ersten Ehe. Kleopatra begeht Selbstmord, und Octavian ist froh, Ägypten wieder verlassen zu können, nachdem er den Sarkophag Alexanders des Großen besucht hat.

Zweites Buch

Vorwort: Der Herausgeber der Übersetzung weist darauf hin, daß der zweite Teil der Erinnerungen deutlich düsterer ist als der erste, geschrieben vom greisen Augustus nach der Katastrophe im Teutoburger Wald.

1. Augustus hat von der verheerenden Niederlage seiner Legionen in Germanien erfahren. Er hat seinen Rechenschaftsbericht verfaßt, in dem er in nüchternem Stil seine Verdienste um die Republik aufführt. Er stellt die Kapitel dem Leser nacheinander vor und kommentiert einige der erwähnten Ereignisse, vor allem, um sich für seine früheren Handlungen zu rechtfertigen.

2. Octavian muß nach dem Sieg über Antonius dem Staat eine beständige Form geben. Er entscheidet sich nach eingehenden Beratungen, die Macht dem Senat zurückzugeben, wohl wissend, daß die Senatoren ihn umgehend bitten werden, weiterhin die Verantwortung für die Republik zu übernehmen, geschmückt mit dem Ehrentitel »Augustus« und im Besitz der Gewalt über die Heere in den Provinzen.

Augustus hat großes Gefallen an seinem Neffen Marcellus gefunden und will ihn mit seiner Tochter Julia verheiraten. Sowohl Marcellus' Mutter Octavia als auch Livia sind gegen diese Verbindung, weil sie die beiden jungen Leute für zu unreif beziehungsweise verzogen halten. Augustus, der in Spanien Krieg führen muß, kann sich schließlich aber durchsetzen.

3. Nach der Rückkehr aus Spanien macht Augustus Terentius Varro Murena, einen Schwager des Maecenas, zu seinem Kollegen im Consulat. Doch erfährt er, daß Murena mit einigen anderen unzufriedenen Angehörigen vornehmer Familien eine Verschwörung plant. Mit Hilfe seines neuen Mitconsuls Piso, eines früheren Anhängers des Sextus Pompeius, läßt Augustus die Verschwörer hinrichten, verfällt danach aber in ein schlimmes Fieber. Im Traum erinnert er sich daran, wie Marcus Antonius ihn als jungen Mann einmal vergewaltigt hat, ein Ereignis, das er sonst verdrängt. Für den Fall seines Todes soll Agrippa seine Stellung übernehmen. Mit Hilfe des Arztes Antonius Musa erholt Augustus sich wieder und beschließt, fortan auf das ständige Consulat zu verzichten; seine Stellung als Befehlshaber in den Provinzen und als Inhaber der Tribunsgewalt läßt er durch Gesetze sichern.

4. Marcellus stirbt, und Augustus muß einen neuen Ehemann für Julia finden. Er denkt an Livias Sohn Tiberius, doch auf Maecenas' Rat vermählt er sie mit Agrippa.

Eingeschoben ist ein Brief, den Tiberius von der Rheingrenze schickt, die er gegen die Germanen sichert.

Obwohl alle von Augustus' Plänen überrascht sind, fügen sich Agrippa und Julia in die Heirat; Tiberius wird mit Agrippas Tochter Vipsania verheiratet.

5. Augustus berichtet von der Sicherung der Grenzen im Norden und Osten. Dafür zitiert er einen Bericht von den Auseinandersetzungen mit Armeniern und Parthern, die er mit Hilfe des jungen Tiberius friedlich beilegen kann.

6. Nach der Einigung mit den Parthern reist Augustus nach Athen, wo er sich mit Vergil in die eleusinischen Mysterien einweihen läßt. Der Dichter gibt ihm die Zuversicht, Jahrhundertspiele zur Feier eines neuen Zeitalters zu planen. Zu seiner großen Erschütterung stirbt Vergil bei der Rückkehr nach Italien. Augustus läßt sein nachgelassenes Epos »Aeneis« nicht vernichten. Er macht Agrippa zu seinem Kollegen in der Tribunsgewalt, erläßt Gesetze gegen lockere Sitten und hält die Säkularspiele ab. Die Erinnerung daran läßt ihn melancholisch werden.

7. Augustus erinnert sich an die folgenden, vor allem im Privaten glücklichen Jahre. Tiberius und sein Bruder Drusus führen Feldzüge zur Sicherung des Reiches; Augustus will die Gallier romanisieren. Agrippa ist als sein Stellvertreter im Osten, von wo die zum wiederholten Mal schwangere Julia zurückkehrt. Augustus genießt die Gegenwart vor allem seiner Enkel.

8. Nach der Rückkehr aus dem Osten stirbt Agrippa, und Augustus verliert seinen treuesten Freund und Helfer. Er will Julia wieder verheiraten, vor allem, um seine als Nachfolger ausersehenen Enkel Gaius und Lucius zu schützen. Nach langer Pause holt er noch einmal den Rat des Maecenas ein, der seine bisherige Familienpolitik kritisiert.

9. Unbeirrt, auch durch Einwendungen Livias, hält Augustus an seinen dynastischen Absichten fest und verheiratet Julia mit Tiberius, obwohl der sich nur ungern von seiner bisherigen Frau Vipsania trennt und auch Julia sich zunächst sträubt.

Direkt nach der Einweihung des Friedensaltars kommt die Nachricht, daß Drusus beim Feldzug in Germanien nach einem Unfall gestorben ist. Augustus empfindet die Nähe des Todes, zumal auch Maecenas und der Dichter Horaz sterben.

10. Es kommt zum Zerwürfnis zwischen Augustus und Tiberius, der sich weigert, in der Nachfolge Agrippas das Oberkommando im Osten zu übernehmen, um den präsumtiven Nachfolgern Gaius und Lucius nicht im Wege zu stehen. Schließlich gestattet Augustus ihm, sich auf die Insel Rhodos zurückzuziehen. Er bekommt wieder einmal Zweifel, ob alles, was er zum Wohle des Staates tut, wirklich gut ist, und sucht das Heiligtum am Nemi-See auf, von dem Vergil ihm einst erzählt hat.

11. Widerstrebend erzählt Augustus, wie er vom lasterhaften Lebenswandel Julias erfuhr, der bis zu einer Verschwörung gegen Augustus geführt hat. Er läßt seine Tochter auf eine Insel verbannen.

12. Tiberius bittet vergeblich darum, aus Rhodos zurückkehren zu dürfen. Erst als Lucius und Gaius sterben, adoptiert Augustus seinen Stiefsohn, für dessen Reaktionen er jetzt mehr Verständnis hat. Tiberius übernimmt es, einen Aufruhr in Pannonien niederzuwerfen.

Augustus trifft letzte Vorbereitungen für seinen Tod, von dem er ahnt, daß er bald eintreten wird. Er führt ein letztes Gespräch mit Tiberius, dem er Ratschläge für die Führung des Staates gibt. Auf dem Weg nach Rom erkrankt Augustus und wird nach Nola in ein Landhaus gebracht, wo er im selben Zimmer stirbt wie einst sein Vater.

Anmerkungen

[[1]] Weitere stammen von O. K. Gilliam und Ph. Vandenberg.

[[2]] Vgl. Jochen Bleicken, Augustus (Berlin, 1998), S. 673: »Für Augustus läßt sich allein auf der Grundlage der direkten wie indirekten Zeugnisse zu seiner Person, zu seinen geistigen Interessen, seiner moralischen Haltung und seinen menschlichen Beziehungen keine Biographie schreiben, die auch Licht auf seine politischen Absichten und Ziele wirft.« Ebda. S. 670: »Auch von seinen persönlichen Gewohnheiten, von seinem Familienleben und geistigen Interessen her ist Augustus kaum zu greifen.«

[[3]] Vgl. auch die Bemerkungen von Bleicken, Augustus, S. 684-687, zur Tatsache, daß Augustus trotz seiner unbestreitbaren Leistungen anders als z. B. Alexander der Große oder Caesar bei zeitgenössischen und späteren Betrachtern keine Bewunderung auslöste.

[[4]] Savkar Altinel im Times literary supplement, auszugsweise zitiert in der Autorenbiographie bei Barnes & Noble (www.bn.com).

[[5]] Man wird es Massie kaum vorwerfen, daß er einige für sein Augustus-Bild weniger wichtige Ereignisse wie den illyrischen Krieg in den Jahren 35 bis 33 v. Chr. nicht erwähnt.

Dezember 2001: Erste Veröffentlichung.
16. Juni 2007: kleine Ergänzung, Reihenfolge umgestellt.