Malachy Hyde

Eines jeden Kreuz

Stuttgart [u. a.] : Weitbrecht, 2002;
München : Knaur, 2004.

(Direkt zur Bewertung)

Inhalt

1. Ephesos, 41 v. Chr.: Silvanus Rhodius wird von seiner Freundin Laelia zu sich gerufen: ihre Freundin Illicia ist in der Taverne, wo die beiden jungen Frauen leben, niedergeschlagen worden. Die unbekannten Täter haben eine Botschaft hinterlassen: rediemus (»wir kommen zurück«). Silvanus kann nicht offiziell ermitteln, weil sein Vorgesetzter, der Statthalter Munatius Plancus, es verbietet, und auch nicht über Nacht bei der beunruhigten Laelia bleiben, weil seine Frau Lucida nach Ephesos gekommen ist.

2. Illicias Vater Tollimos, ihre Tante Arkadia (der die Schenke in Ephesos gehört) und deren Mann Orvietus eilen aus Didyma herbei.

3. Silvanus überlegt, welches Motiv die Täter für den Überfall auf die Taverne hatten. Da erreicht ihn die Nachricht, daß ein Wirt ermordet wurde. Plancus erlaubt ihm jetzt Nachforschungen, aber nur inoffiziell, da römische Interessen nicht betroffen sind. Abends ist Silvanus bei Laelia.

4. Rutilius Rufus, der Leiter der Akademie von Ephesos, wird ermordet aufgefunden. Silvanus, nach wie vor ohne offizielle Rückendeckung, versucht herauszufinden, ob dieser Mord mit den Tavernen-Überfällen in Verbindung steht. Er untersucht die Leiche und findet heraus, daß Rutilius einen Schlag auf den Kopf zunächst überlebt hat, etwas später aber erwürgt wurde. Von der Sklavin Sabina und Ulpia, der Witwe, erfährt er, was Rufus am Abend seines Todes getan hat. Sein letzter Besucher war ein weiterer Lehrer der Akademie, Lutatius Artocreatus.

Arkadia reist nach der Nachricht von einem weiteren Mord wieder nach Didyma, kann die genesende Illicia aber nicht überreden, sie zu begleiten.

5. Silvanus trifft Artocreatus nicht zu Hause an, aber dessen Frau Pykideme, eine Freundin von Laelia und Illicia. Sie kann nichts Wichtiges über den Tod des Rufus berichten, ebensowenig ihr von einem Besuch bei Ulpia zurückkehrender Mann; immerhin gibt Artocreatus an, am Abend im Hof der Akademie eine unbekannte Gestalt gesehen zu haben.

Pykideme besucht Laelia und Illicia in der Taverne, berichtet von Silvanus’ Besuch und erzählt, daß sie Ulpia verdächtigt, ihren Mann ermordet zu haben.

6. In Kappadokien erhält der Triumvir Marcus Antonius eine Botschaft von Silvanus über die Vorgänge in Ephesos. Antonius, gerade im Bett der kappadokischen Königsmutter Glaphyra, war einmal der Liebhaber Illicias.

7. Aus Didyma hat Silvanus den Arzt Hani Rami kommen lassen, der den toten Rutilius noch einmal untersucht und Silvanus’ Rekonstruktion bestätigt; außerdem findet er einen seltsamen Abdruck in der Hand des Toten.

Silvanus besucht wieder die Akademie, wo Artocreatus gerade seinen Literaturunterricht abhält. Er befragt die Studenten, doch ohne große Ergebnisse.

8. Mit Laelia und Illicia geht Silvanus zu den Spielen im Stadion (seine Frau ist unterwegs). Er kann eine Überraschung präsentieren, denn Antonius ist nach Ephesos gekommen und hat Silvanus offiziell mit den Ermittlungen betraut. In der Pause zwischen den Gladiatorenkämpfen und den Wagenrennen verläßt Laelia verärgert das Stadion, weil Silvanus ankündigt, am Abend mit der dann zurückgekehrten Lucida zu einem Empfang des Antonius gehen zu müssen.

Auch Illicia kehrt in die Taverne zurück, wo sich der parthische Wagenlenker Mazdates, den sie schon im Stadion getroffen hat, sehr um sie bemüht. Laelia ist aber mißtrauisch. Da erscheinen doch noch Antonius und Silvanus, und Mazdates zieht sich zurück. Silvanus und Laelia haben sich wieder versöhnt, und auch Antonius beteuert Illicia, wie sehr er sie liebt.

Bei der Rückkehr im Morgengrauen wird Silvanus von mehreren Vermummten angegriffen. Einen davon, Stamychos, kann er mit dem Messer verletzen und sich selbst, ebenfalls schwer angeschlagen, nach Hause retten.

9. Erst nach zwei Wochen hat sich Silvanus wieder von den Folgen seiner Verletzung erholt. Er will mit Plancus sprechen, der im Bordell des Spuntius Fellator ist und ihn mit seiner Frau zum Abendessen einlädt. Plancus’ Frau Plautilla und die Tochter Natilla verhalten sich dabei etwas seltsam, und Lucida will sie zu einem gemeinsamen Besuch des Demeterheiligtums in Pergamon überreden. Plancus berichtet Silvanus unter vier Augen, daß Antonius einen Feldzug gegen die Parther plant, um deren drohenden Angriff zuvorzukommen.

10. Silvanus besucht Laelia und fragt sie und Illicia nach Rutilius Rufus. Sie kannten den Rhetor von früher, als er in Didyma ihr Hauslehrer war, unter dessen harter Behandlung besonders Illicia zu leiden hatte. Silvanus geht noch einmal in die Akademie und spricht mit Rufus’ früherem Sklaven Gabyonos, der jetzt testamentarisch freigelassen wurde. Gabyonos hat Ulpia begleitet, als sie die Leiche ihres Mannes fand. Vorher hatte er sich mit Arkadia getroffen. Silvanus ist mißtrauisch und trifft sich ohne Wissen von Gabyonos mit Sabina, die berichtet, daß ihr früherer Mitsklave der Geliebte Ulpias war und sich jetzt schon wie der Herr im Haus aufspielt.

Lucida bereitet überraschend ihre Reise nach Pergamon vor, allerdings ohne Plautilla, die keine Zeit hat.

In der Taverne sitzt Illicia wieder mit Mazdates zusammen. Er berichtet, daß der Parther Mithriventes, den die jungen Frauen schon aus Didyma kennen, nach Ephesos kommen soll. Illicia ist nach wie vor beunruhigt und versucht auch Silvanus für den parthischen Wagenlenker interessieren. Zunächst aber befragt der Römer Arkadia wegen ihres Treffens mit Gabyonos am Abend von Rufus’ Ermordung. Sie muß zugeben, den Sklaven zu kennen, dem sie Schäferstündchen mit ihrer Freundin Ulpia ermöglichte. Am fraglichen Abend hat Gabyonos sie wegen eines windigen Weingeschäftes angesprochen. Am nächsten Morgen versucht Laelia noch einmal, ihre Freundin vor Mazdates zu warnen. Illicia hält den Parther aber für unschuldig an den Überfällen.

11. Silvanus versucht, durch eine Übersicht aller Gewaltverbrechen der letzten Zeit herauszufinden, ob es eine Verbindung der Morde gibt, doch ohne Ergebnis. Er sucht das Bordell Fellators auf, wo sich der Statthalter befindet. Fellator berichtet, daß der parthische Edle Mithriventes bei ihm war und ohne Zurückhaltung von einem bevorstehenden parthischen Angriff erzählt hat. Plancus vergnügt sich in den Thermen Fellators mit einigen Lustknaben (von denen einer ertrinkt). Bei ihm ist Quintus Dellius, der Geschichtsschreiber des Antonius, gerade vom Feldherrn gekommen, der sich mit der ägyptischen Königin Kleopatra getroffen hat. Deren Schwester Arsinoe, die selbst Anspruch auf den Thron erhebt, hat im Artemistempel von Ephesos Asyl gefunden. Silvanus soll sie auf Befehl des Statthalters überreden, nach Rom zu Octavian zu fliehen, weil Kleopatra ihre Ermordung als Gegenleistung für die Unterstützung des Antonius verlangt.

Silvanus ist etwas nervös angesichts der Aufgabe, einer früheren Monarchin entgegenzutreten. Es gelingt ihm nicht, sie zur Flucht zu bewegen; Arsinoe vertraut auf den Schutz des Tempelasyls und das Wort des Antonius.

In der Taberna läßt Mazdates sich von Illicia einen Talisman für das Wagenrennen am folgenden Tag geben. Silvanus berichtet kurz von seinem Treffen mit Arsinoe, Dellius ausführlich von der Begegnung zwischen Antonius und Kleopatra, zum großen Ärger von Illicia, die sich einmal mehr vom Feldherrn hintergangen fühlt. Nachdem Dellius und Silvanus, in Begleitung von Pykideme, gegangen sind, erscheint Mithriventes, der sich wieder an Laelia heranmacht und freimütig vom bevorstehenden Angriff der Parther erzählt, die schon die Ermordung Caesars veranlasst hätten. Sie kann ihn für den Moment zurückweisen. Laelia und Illicia wollen Silvanus benachrichtigen.

12. Beim großen Wagenrennen soll Silvanus den abwesenden Plancus als Spielleiter vertreten. Seine Begrüßungsrede wird aber von Störungen unterbrochen, die auf die Parther hinweisen. Silvanus kann die Lage einigermaßen unter Kontrolle bringen, und die Rennen beginnen. Illicia, die sich zeitweilig mit Laelia gezankt hat, setzt für das Abschlußrennen auf Mazdates. Der Parther fährt sehr angriffslustig; bei einem gewagten Überholmanöver kollidieren zwei andere Quadrigen. Mazdates siegt und wird von Mithriventes gelobt, auch wenn ihm der Tod zweier Fahrer leid tut.

Laelia hat Silvanus eine Botschaft geschickt und ihn in die Taverne gebeten. Sie berichtet von den Behauptungen des Mithriventes. Im Schankraum feiert unterdessen Mazdates seinen Sieg, in Begleitung von Illicia und einigen der Studenten der Akademie. Die Rede kommt noch einmal auf den Mord an Rufus. Die Studenten verdächtigen Artocreatus oder Ulpia, aber Illicia und Laelia sind von ihrer Unschuld überzeugt. Silvanus geht nach Hause, und Laelia schickt auch die Legionäre weg, die seit dem Überfall die Schenke bewacht haben. Überraschend erscheint Mithriventes, der gar nicht damit einverstanden ist, daß Mazdates sich an Illicia hängt. Er selbst macht aber weiterhin Laelia schöne Worte und verrät, daß er durchaus gut Griechisch kann, was er bisher verheimlicht hat. Plötzlich dringen wieder vier vermummte Gestalten in die Taberna ein. Sie zucken zurück, als sie Mithriventes erkennen, der sie anweist, diese Schenke in Zukunft zu meiden. Mithriventes schärft den beiden Frauen ein, nichts über den Vorfall zu erzählen (den Sklaven Monoculos hätte er am liebsten getötet, läßt sich von Laelia aber davon abbringen). Nachdem er gegangen ist, beraten Illicia und Laelia, wie viel sie Silvanus erzählen können, ohne sich zu gefährden.

13. Silvanus will Gabyonos befragen, spricht aber stattdessen mit Ulpia; sie gesteht, ein Verhältnis mit dem Sklaven gehabt zu haben.

Silvanus reitet zu Plancus auf dessen Landgut und wird freundlich aufgenommen, auch wenn er keinen Erfolg bei Arsinoe vermelden kann. Er bleibt über Nacht. Am Morgen will Natilla ihm etwas mitteilen, kommt aber nicht dazu. Dafür belastet Plautilla Ulpia.

14. Antonius vergnügt sich in Tarsos mit Kleopatra. Sie fordert den Tod ihrer Schwester Arsinoe (und des ephesischen Artemispriesters) und will Antonius nach Alexandria locken.

15. Silvanus kauft ein Schmuckstück, bevor er zu Laelia geht. Die beiden machen einen Spaziergang, und sie berichtet von dem Überfall durch die Parther. Silvanus läßt ihre Aussage zu Protokoll nehmen. Das Schmuckstück, das Laelia bei einem der Täter gesehen hat, stimmt mit dem Abdruck in der Hand des Rufus überein.

Zu Hause muß Silvanus seinen schmerzenden Rücken massieren lassen. Gabyonos kommt und berichtet, daß er Ulpia im Zimmer ihres Mannes mit einer Statuette gesehen hat, die offenbar die Waffe war, mit der man Rufus niedergeschlagen hat.

16. Silvanus muß sich von Hani Rami verarzten lassen und erhält dann eine gute Nachricht.

Laelia und Illicia opfern im Apollontempel. Silvanus trifft Dellius und berichtet von seinen Ermittlungen. In seinem Arbeitszimmer sucht ihn Ulpia auf und beteuert ihre Unschuld. Auf die Nachricht, daß vier Parther festgenommen wurden, läßt sich Silvanus trotz eines Unwetters zum Kerker bringen; auch Illicia und Laelia kommen dorthin. Von den Parthern ist einer bereits tot, die anderen mißhandelt. Trotzdem sagen sie nicht aus, und Silvanus muß sie foltern lassen. Unter der Folter gestehen sie nicht nur die Überfälle, sondern – wenn auch zögernd – den Mord an Rufus. Laelia und Illicia sind aber mit diesem Ausgang nicht recht einverstanden. Ihre Überlegungen werden von der Ankunft des Antonius unterbrochen. (Auch Mazdates erscheint und läßt sich nur widerwillig von Illicia daran hindern, auf den Imperator loszugehen.) Unter vier Augen berichtet Illicia Antonius, daß Rufus der Hauslehrer war, der sie und Laelia einst vergewaltigt hat, und daß deswegen auch andere Täter denkbar sind.

17. Die Hinrichtung der drei Parther gestaltet Antonius als großes Schauspiel aus, um den Ephesiern vor Augen zu stellen, daß die Gefahr vorbei ist. Silvanus darf eine Ansprache halten, bevor die Täter ans Kreuz geschlagen werden. Plautilla und Laelia geraten aneinander, und Silvanus befürchtet, daß jetzt seine immer noch abwesende Frau etwas von seinem Verhältnis erfährt. Antonius berät mit seinen Vertrauten, wie er Kleopatras Wunsch erfüllen und Arsinoe töten soll. Silvanus macht den beifällig aufgenommenen Vorschlag, ein Orakel einzuholen. Anschließend versöhnt er sich wieder mit Laelia, die mit ihrer Rolle als Geliebte unzufrieden ist.

18. Am nächsten Morgen kann Silvanus sich vor Schmerzen im Rücken kaum noch bewegen. Mit einem Trank von Hani Rami wird er so weit wiederhergestellt, daß er zu einer Beratung mit den ephesischen Beamten ins Odeion gehen kann. Selbst Antonius hat mit einem entsprechende Orakelspruch aus Klaros Mühe, den Protest der Ephesier gegen die Hinrichtung Arsinoes zu besänftigen. Diese findet vor einer großen Menge statt, und diesmal kann Antonius mit einer meisterlichen Rede Zustimmung erlangen. Silvanus kommt auf einmal der Gedanke, daß es Plancus war, der Rufus ermordete, um dessen offenkundigen Mißbrauch seiner Tochter zu rächen.

Zu Hause muß er sich erst mit der zurückgekehrten Lucida auseinandersetzen, weil er ohne ihr Wissen einen Sklavenjungen gekauft hat. Dann schickt er die Sklavin Larix aus, um Erkundigungen im Haushalt des Plancus anzustellen. Mazdates sucht Illicia in der Taverne auf und will ihr bei einem Spaziergang etwas mitteilen. Er soll mit Mithriventes nach Parthien zurückkehren und bittet Illicia, ihn zu begleiten. Weil er ihr Zögern als Zustimmung wertet, wird er zudringlich, und Illicia kann ihn gerade noch zurückweisen.

19. Am Abend gibt Antonius ein großes Festmahl, bei dem Silvanus einer der Ehrengäste sein soll. Er hat dem Feldherrn von seinem Verdacht gegen Plancus erzählt. Laelia ist verärgert, weil er ihr nicht vorher gesagt hat, daß auch seine Frau kommen wird, sie bleibt aber mit Illicia da. Auch der Parther Mithriventes gehört zu den Ehrengästen, zusammen mit Pacoros, einem Angehörigen des parthischen Herrscherhauses. Illicia kann Mithriventes weißmachen, daß sie für ihn die Römer ausspioniert und am Tod der Schläger unschuldig war. Pacoros interessiert sich sehr für Laelia, zur Verärgerung von Silvanus.

Munatius Plancus, schon angetrunken, erzählt Silvanus, daß er gegenüber Antonius den Mord an Rufus gestanden hat, den er im Affekt getötet habe, als er vom Mißbrauch seiner Tochter erfahren hatte. Antonius beruft ihn ab und schickt ihn mit seiner Familie nach Rom zurück.

Bei Silvanus, aber auch Illicia, ist die Stimmung weiterhin sehr gedämpft, als Plancus sich nicht entblödet, bemalt als Tänzer aufzutreten. Laelia redet auf Illicias Zureden noch einmal mit Silvanus, doch das Gespräch endet im Streit.

20. Natilla sucht Illicia und Laelia auf. Sie beteuert, daß Rufus sie heiraten wollte. Als sie dies ihrer Mutter erzählt hatte, ist diese losgestürmt und hat den Lehrer niedergeschlagen. Der wütende Plancus habe Rufus später »den Garaus gemacht«, wie er sagte. Natilla hofft, bei den beiden Frauen Verständnis zu finden und nicht zur Ehe nach Rom geschickt zu werden, aber die beiden können ihr wenig helfen.

Antonius kommt, um von Illicia Abschied zu nehmen, und Silvanus versucht, sich bei Laelia zu entschuldigen. Er gibt an, seine Frau verlassen zu wollen, doch Laelia glaubt ihm nicht. Illicia hat Antonius von den genauen Umständen des Mordes erzählt, da kommt ein Bote: Natilla hat sich das Leben genommen.

Bewertung

Die zweite Kriminalgeschichte um Silvanus Rhodius, Illicia und Laelia findet ein recht düsteres Ende, dem Thema angemessen. Das Verhältnis zwischen den Hauptfiguren (und Marcus Antonius) bleibt in der Schwebe, und so darf spekuliert werden, wie es im dritten Band der Serie, der inzwischen erschienen ist (Wisse, dass du sterblich bist), weitergehen wird. Dieser eher persönliche Teil der Handlung soll hier nicht weiter betrachtet werden (der Zwiespalt, in dem besonders Laelia steckt, erscheint aber gut dargestellt, während Illicia in diesem Band etwas blasser bleibt).

Auch auf die Krimihandlung ist nur kurz einzugehen. Waren im ersten Band die beiden Frauen noch an der Ermittlungsarbeit beteiligt, steht hier Silvanus eindeutig im Vordergrund. Illicia und Laelia ermitteln eigentlich überhaupt nicht. Sie haben auch über einige Zeit einen Erkenntnisvorsprung gegenüber dem Leser, weil sie in Rufus ihren früheren Peiniger erkannt haben (eigentlich könnten sie damit sogar selbst verdächtig sein; vgl. Steven Saylors The Venus throw). Der Ausgangspunkt der Ermittlungen, die Kneipenüberfälle (und der im weiteren Verlauf der Handlung praktisch vergessene Tod des Wirts Facilis) sind schon lange vor Schluß aufgeklärt, und beim Mord an Rufus bringt die Aussage Natillas zwar einen neuen Aspekt, aber keine grundsätzliche Änderung dessen, was Silvanus schon von sich aus herausgefunden hat (insofern ist der Klappentext, der den beiden Frauen den entscheidenden Durchbruch bei der Ermittlung des Täters zuschreibt, übertrieben, aber natürlich nicht den Autorinnen anzulasten).

Wie sieht es nun mit der Schilderung des antiken Ephesos aus? Die meisten erhaltenen (bzw. ausgegrabenen oder rekonstruierten) Bauten stammen aus späterer Zeit und fehlen im Roman dementsprechend. Wohl deshalb bleibt das Erscheinungsbild der Stadt seltsam unkonkret und austauschbar (bis auf Akademie und Artemis-Heiligtum). Da Einwohnerzahlen für antike Städte notorisch schlecht zu ermitteln sind, kann die angegebene Zahl von 300.000 (S. 23) nicht widerlegt werden, auch wenn sie für das späthellenistische Ephesos etwas zu hoch erscheint, zumal da die Zahl die Sklaven nicht eingeschlossen sein soll.

Ephesos erscheint hier schon als eine sehr römisch geprägte Stadt; die meisten handelnden Personen lassen sich als Römer bezeichnen. Selbst Wirte tragen hier römische Namen, auch wenn »Fellator« als offizielles Cognomen kaum denkbar ist (als Spitzname eines Bordellwirts vielleicht eher) . Die griechischen Einwohner erscheinen vor allem als anonyme Masse im Stadion oder bei den Hinrichtungen. Dieser starke Romanisierungsgrad wurde auch in Ephesos erst im Laufe der Kaiserzeit erreicht, doch ist festzuhalten, daß immerhin schon in tiberischer Zeit, etwa zwei Generationen nach der Handlung des Romans, zahlreiche römische Bürger auch unterhalb der politischen Führungsschicht vorkamen.[1] Freilich gab es selbst dann keinen »römischen Magistrat der Stadt Ephesos« (S. 60–61). Auch die Verwendung des römischen Münzsystems (S. 363) ist etwas überraschend (nebenbei bemerkt, waren antike Münzen wegen ihrer unebenen Ränder nicht so gut zu rollen, wie es die Schilderung S. 146 nahelegt).

Silvanus’ soziopolitische Stellung ist unklar. Man würde eigentlich vermuten, daß er eques war und somit nicht »aus der eher unbedeutenden Nobilität Roms« (!; S. 25), aber seine Funktion als Stellvertreter des Statthalters spricht doch für eine Zugehörigkeit zum Senatorenstand (die nicht eindeutig geklärte Frage, ob zu dieser Zeit noch Pergamon Sitz des Proconsuls war, kann dahingestellt bleiben).

Plancus war zum Zeitpunkt der Handlung wohl noch nicht in Asia (wie die Autorinnen zugeben, die ihre Ansetzung aber mit Cass. Dio 48, 24, 3 begründen können), sondern in Italien, wo gerade die als bellum Perusinum bekannte Auseinandersetzung begann. Eine Tochter des Munatius Plancus ist bekannt, die berühmt-berüchtigte Munatia Plancina, der man zusammen mit ihrem Mann Cn. Piso die Ermordung des Germanicus vorwarf (siehe zu Wishart, Germanicus). Sie muß aber deutlich jünger gewesen sein als die hier auftretende »Natilla«.

Die Parther erscheinen teilweise durchaus interessant geschildert, wenn auch nicht ganz ohne Klischees. Mazdates erscheint seltsamerweise nicht im Personenverzeichnis.

Wie schon im ersten Band sind für Reisen zu kurze Zeiten veranschlagt; es ist kaum möglich, daß Illicias Verwandte noch in der Nacht des Tages, an dessen Morgen Illicia überfallen wurde, aus Didyma in Ephesos eintreffen (Kapitel 2). Auch Antonius reist zu schnell aus Kappadokien an (S. 120).

Einige kleine Bemerkungen zum Sprachgebrauch: »cara mia« ist italienisch, nicht lateinisch (S. 159). Der Lateiner stolpert natürlich über eine Anrede wie »Ach, carus Silvanus« (S. 166), aber der korrekte Vokativ würde sicher zu viele Leser irritieren. Das falsche Genus bei »lumen mea« (S. 299) könnte man dagegen bei einer Neuauflage vielleicht korrigieren. »Omen« scheint, wie in so vielen Romanen, als Plural verwendet zu sein (S. 435). Daß Arsinoe auf Ägyptisch betet (S. 237), paßt nicht zur bekannten Behauptung, daß ihre Schwester Kleopatra die erste Ptolemäerin war, die die Sprache des Landes erlernte, ist aber durch die dichterische Freiheit legitimiert.

Liberti waren keineswegs verpflichtet, in der Öffentlichkeit stets ihren pilleus, hier als »Freigelassenenkappe« bezeichnet, zu tragen (S. 170). Die »Vesper von Ephesos« ereignete sich siebenundvierzig und nicht siebenunddreißig Jahre vor der Handlung (S. 391).

Eine augenzwinkernde anachronistische Anspielung haben die Autorinnen sich mit dem in unserer Zeit beliebten »Celtic dance« (S. 488) erlaubt.

Trotz der hier ausgeführten, vor allem Nebensachen betreffenden Einschränkungen gibt der Roman die historische Atmosphäre der Triumvirats- und Bürgerkriegszeit überzeugend wieder; auch das Portrait des Marcus Antonius paßt sich gut ein. Auf die nächsten Bände, die in weiteren Städten Kleinasiens spielen werden, kann man gespannt sein.

Weitere Informationen

Website der Autorinnen: http://www.malachy-hyde.de/

Anmerkung

1. Dies zeigt eine umfangreiche Liste von Namen und dazugehörenden finanziellen Beiträgen; vgl. die unter http://kups.ub.uni-koeln.de/volltexte/2003/490/ erreichbare Dissertation, S. 202–206. [zurück]