Langensalza [u. a.] : Beltz, 1937; 3. Aufl. ebd. - 33 S. : Ill. - (Germanische Führergestalten ; Anschlußheft 1)
Die junge Germanin Thrud, die bald heiraten soll, sammelt mit ihrer kleinen Schwester Allheidr und der Hörigentochter Elsaben Beeren.
Thrud führt ihrem Vater anstelle der bei Allheidrs Geburt gestorbenen Mutter den Haushalt. Nach dem Mahl spricht sie mit ihm über ihre Zukunft.
Der Vater hat für Thrud den Nachbarssohn Ottar ausgewählt, womit sie sehr zufrieden ist. Er gibt ihr eine Gewandspange, die er in seiner Jugend als Belohnung für den Kampf gegen die Römer bekommen hat und die Thrud nun Ottar schenken soll.
Thrud bereitet das Frühstück und schickt dann die beiden Mädchen aus zum Kühehüten und Flachsspinnen.
Für Ottar webt Thrud einen Rock als Geschenk, bis die Kinder zurückkommen.
Nach der Verlobung von Ottar und Thrud, im Winter, erzählt die alte Magd Geri Geschichten von den Göttern, während die Hochzeit vorbereitet wird.
Mitten im Winter reisen die Sippen von Braut und Bräutigam an. Beim Polterabend werden böse Geister verjagt.
Die Ehe wird geschlossen. Es folgt der Festschmaus. Mit dem Entzünden des heiligen Herdfeuers endet der Festtag.
Kurz nach der Hochzeit wird die Wintersonnenwende gefeiert. Ottar erweist sich als starke Stütze für seinen Schwiegervater und tritt nach dessen Entschluß im Frühjahr an seine Stelle. Als neuer Hofbauer zieht er die erste Furche mit dem Pflug. "Das Schicksal des Hofes ist in gute Hände gelegt worden."
Ein weiteres Beispiel für den politischen Mißbrauch, der im Dritten Reich mit einer idealisierten Fiktion der Germanen getrieben wurde.[[1]] Die kurze Geschichte ist keine Erzählung im eigentlichen Sinn, sondern ein "Lebensbild", wie es auch vor und nach dem Nationalsozialismus im Schulunterricht eingesetzt wurde. Die didaktische Absicht wird schon aus den Kapitelüberschriften deutlich, die den Alltag eines germanischen Hofes im Tages- und Jahresablauf widerzuspiegeln scheinen. Aber weniger die Vermittlung von Faktenwissen über die angeblichen Vorfahren der Deutschen war das Ziel der Verfasserin; sie wollte der Erziehung zum nationalsozialistischen Geist dienen.
Auch wenn die junge Thrud sich zumindest publizistisch in die Reihe germanischer "Führergestalten" einordnen darf und an die Seite von Ariovist, Arminius oder Geiserich gestellt wird, über die vergleichbare Hefte erschienen, ist die klare Trennung der Geschlechter vorgegeben. Wie alle Frauen und Mädchen in der Geschichte ordnet sich Thrud völlig dem Willen ihres Vaters oder Mannes unter, was z. B. an der Art und Weise deutlich wird, wie Heiraten arrangiert werden, wobei es eher zufällig ist (worauf der Vater hinweist), wenn die Entscheidung dem Willen der zukünftigen Eheleute entspricht. Deutlich wird hier der Sippengedanke, hinter dem der oder die einzelne zurücktritt, schließlich auch Thruds Vater selbst, der einem stärkeren Nachfolger Platz macht. Für Individuen ist in dieser Gesellschaft kein Platz; man muß vermuten, daß auch die mitunter etwas kecke Allheidr sich in wenigen Jahren zu einer braven Hausfrau entwickelt haben wird. Die Organisation des bäuerlichen Haushalts ist der Bereich, in dem Frauen wirken dürfen (nebenbei bemerkt, mit einem deutlich längeren Arbeitstag als die Männer), während die Männer von ihren Heldentaten zur Verteidigung der Heimat erzählen. Der zurückgeschlagene Kriegszug der Römer wird nicht näher beschrieben; vielleicht hat die Verfasserin an die augusteischen Feldzüge gedacht. Damit wäre die Geschichte etwas später anzusetzen als Karl Adam-Kapperts Feuer lodern im Grenzland, das vor allem im ersten Teil ähnlich didaktisch angelegt ist. Eine weitere junge Germanin, die zur höheren Ehre ihrer Sippe verheiratet wird, findet sich z. B. auch in Annemarie von Auerswalds Tochter vom Gerwartshof.
[[1]] Dies ungeachtet des Umstands, daß Hitler selbst die griechische und römische Kultur höher schätzte als die von ihm mitunter verspotteten Germanen; vgl. zuletzt Alexander Demandt, "Klassik als Klischee: Hitler und die Antike", in: Historische Zeitschrift 274 (2002), Heft 2, S. 281-313, besonders S. 295-298.(zurück)