David Wishart

Ovid

London : Sceptre, 1995: Paperback-Ausg. ebd., 1996

(Direkt zur Bewertung)

Inhalt

1. Der junge Aristokrat Marcus Corvinus erhält Besuch von der schönen Rufia Perilla, der Stieftochter des Dichters Ovid. Dieser ist kürzlich in der Verbannung gestorben, und Corvinus als Enkel von Ovids früherem Patron soll beim Kaiser Tiberius die Erlaubnis erwirken, die Asche nach Hause bringen zu dürfen.

2. Doch es erweist sich für Corvinus als nicht so leicht, sein Versprechen einzuhalten: die Palastbürokratie verweigert ihm rundheraus die Genehmigung, als klar wird, daß es um den aus einem geheimnisvollen Grund verbannten Ovid geht.

3. Corvinus muß Perilla sein vorläufiges Scheitern eingestehen. Sein Vater, mit dem er sich seit der Scheidung seiner Eltern nicht gut versteht, warnt ihn, die Angelegenheit weiter zu verfolgen, um nicht an höchster Stelle (Tiberius) weiteres Mißfallen zu erregen.

Der Feldherr Varus leitet Aufzeichnungen ein, in denen er von seinem Verrat berichten will.

4. Der sonst mit jedem Gerücht vertraute Caelius Crispus weigert sich, Corvinus in der Ovid-Angelegenheit zu helfen.

5. Corvinus sucht Perilla auf, doch selbst sie weiß nicht genau, weswegen ihr Stiefvater vor etwa zehn Jahren ohne formellen Prozeß von Augustus verbannt wurde; angeblich hat er etwas gesehen, ohne es zu melden. Corvinus will das Geheimnis jetzt erst recht herausfinden.

Varus stellt seine drei wichtigsten Offiziere vor, Vela, Eggius und Ceionius.

6. Beim Nachdenken über die mysteriösen Umstände von Ovids Verbannung kommt Corvinus auf eine mögliche Verbindung mit dem Skandal um Augustus' Enkelin Iulia, die ungefähr zur selben Zeit wie Ovid wegen unmoralischen Lebenswandels verbannt wurde. Ein riesiger Germane (?) warnt Corvinus, der Sache weiter nachzugehen.

7. Am nächsten Morgen besucht Corvinus Perilla und berichtet ihr von seinem Verdacht. Er beschließt, den alten Senator Lentulus aufzusuchen, der ihm schon einmal geholfen hat.

Varus beschreibt seinen Mitverräter Ceionius.

8. Von Lentulus erhält Corvinus einige Auskünfte über die Iulia-Affäre: Iulias Liebhaber Silanus verließ damals ohne formelle Anklage Rom und ist erst kürzlich zurückgekehrt; ihr Mann Aemilius Paullus wurde wegen Verrats hingerichtet. Als Corvinus weitere Informationen haben will, verweigert sich Lentulus abrupt und wirft Corvinus hinaus.

9. Am Abend speisen Corvinus und Perilla zusammen. Sie unterhalten sich vor allem über Perillas unglückliche Ehe. Ihr Mann Rufus hat sie nur des Geldes wegen geheiratet; mit Mühe gelang es Perilla und ihrer Familie, ihm das Vermögen Ovids zu verweigern.

10. Corvinus will Silanus befragen, doch wird er abgewiesen. Als er heimlich in Silanus' Anwesen eindringt, kann er immerhin kurz mit ihm sprechen und erkennt, bevor er hinausgeworfen wird, die Wahrheit: Silanus war gar nicht Iulias Liebhaber; der Vorwurf diente zur Verdeckung von etwas anderem.

11. Auf dem Rückweg wird Corvinus von vier Schlägern angegriffen. Der germanische Riese rettet ihn, verschwindet dann aber wieder, nicht ohne Corvinus noch einmal zu warnen.

Varus berichtet, wie Vela die Nachricht von einem angeblichen Aufstand der Cherusker überbringt, und fragt sich, ob der nicht in den Verrat eingeweihte Vela die wahren Vorgänge durchschaut.

12. Der verwundete Corvinus wird von seinem Vater empfangen, der das Geheimnis von Ovids Verbannung kennt, aber nicht darüber reden will. Er verteidigt seine Loyalität gegenüber dem Kaiser.

13. Corvinus erzählt dem Gladiatorentrainer Scylax von dem Germanen und bittet ihn, mehr herauszufinden.

14. Bei Perilla trifft Corvinus ihre Mutter, Ovids Frau, deren Geist umnachtet ist. Er berichtet von seinem Verdacht bezüglich Silanus und daß der Vorwurf der Unzucht gegen Iulia eine Erfindung war.

15. Diese Vermutung wird bestätigt von Harpale, einer ehemaligen Sklavin Iulias, die jetzt bei Perillas Tante Marcia lebt. Sie berichtet, daß Iulia tatsächlich keine Affären hatte und Silanus sich vielmehr mit ihrem Mann getroffen hat, zusammen mit einem Unbekannten, der seine Identität durch Ablegen seines Rings verschleiert hat. Der geflohene Sklave Davus weiß vielleicht mehr. Nebenbei versichert Harpale noch, daß auch Iulias gleichnamige Mutter, die Tochter des Augustus, unschuldig gewesen sei, als man ihr Unzucht vorwarf.

16. Perilla und Corvinus versuchen, die Vorgänge vor zehn Jahren als eine Verschwörung gegen Augustus zu rekonstruieren, von der Ovid erfahren hat. Sie überlegen, ob der jetzige Kaiser Tiberius der unbekannte Dritte gewesen sein könnte, aber er war damals auf einem Feldzug in Illyricum.

17. Corvinus' Vater bietet ihm einen Posten in der Provinzverwaltung von Cyprus an. Obwohl dies nach außen hin ehrenvoll ist, will Corvinus, der eine öffentliche Karriere nie angestrebt hat, sich nicht abschieben lassen.

Varus hält Kriegsrat mit seinen drei Offizieren.

18. Perilla und Corvinus verbringen trotz ihrer anfänglichen Bedenken das Fest der Floralia zusammen und küssen sich in den Gärten des Sallust zum ersten Mal.

19. Zurückgekehrt, lieben sie sich, und Corvinus stellt zu seiner Überraschung fest, daß Perilla bisher noch eine Jungfrau war, weil sie sich ihrem Mann verweigert hat. Sie bittet Corvinus, sich mit seinem Vater auszusöhnen.

20. Perilla will Corvinus unbedingt begleiten, als er sich mit Davus trifft, und verkleidet sich dazu als Mann.

21. Der Treffpunkt liegt im Velabrum, einer ziemlich unsicheren Gegend. Corvinus und Perilla finden Davus ermordet auf.

22. Perilla und Corvinus sind erschüttert über Davus' Tod, an dem sie sich schuldig fühlen, zumal sie Davus' Schwester Harpale versprochen haben, daß ihm nichts geschieht. Harpale verrät, daß Marcias Mann Fabius, ein Vertrauter des Augustus, vor einigen Jahren, kurz nach dem Regierungswechsel, Selbstmord begangen hat. Marcia machte sich damals Vorwürfe, ihren Mann gefährdet zu haben, indem sie ein Geheimnis an Tiberius' Mutter Livia verriet: Kurz vor seinem Tod besuchte Augustus mit Fabius den verbannten Agrippa Postumus, den letzten lebenden Bruder der jüngeren Iulia, der zu Beginn der Regierung des Tiberius ermordet wurde, angeblich noch auf Befehl des Augustus.

Varus erzählt von seiner Verbindung mit Arminius: der junge Germane, der vollständig als Römer fühlt, will Roms unruhige Nordgrenze dadurch befrieden, daß er die zerstrittenen germanischen Stämme unter seiner Führung eint. Varus, gerade zum Statthalter am Rhein berufen, erklärt sich bereit, bei diesem Plan heimlich mitzumachen, auch wenn es formal Verrat ist, zumal Arminius ihn dafür bezahlt.

23. Nach den neuen Informationen überlegen Corvinus und Perilla die möglichen Verbindungen zwischen Postumus, Fabius und Ovid (der sich in einem Gedicht ebenfalls der Schuld an Fabius' Tod bezichtigt hat).

24. Um mehr über den Skandal der älteren Iulia herauszufinden, besucht Corvinus den alten Pertinax, einen Freund seiner Familie, der damals Offizier der Stadtwache war. Obwohl auch Pertinax Corvinus warnt, die Angelegenheit weiter zu verfolgen, versichert er, daß der Vorwurf gegen Iulia konstruiert war. Ihre angeblichen Liebhaber besaßen alle gewisse Verbindungen mit Augustus und seiner Familie. Hinter den Vorwürfen standen offenkundig Tiberius und seine Mutter.

Varus vergleicht seinen harmlosen Verrat mit dem der Livia, die einen nach dem anderen die Familienangehörigen des Augustus beseitigt hat.

25. Auf dem Rückweg von Pertinax wird Corvinus überfallen; er kann sich mit Hilfe eines zufällig vorbeikommenden Rekrutentrupps zur Wehr setzen. Die Angreifer, allesamt tot oder geflohen, gehörten offenbar früher zur Legion V Alaudae, die in Germanien stationiert ist.

26. Corvinus und Perilla überlegen, ob die Verschwörung, die sie rekonstruiert haben, sich gegen Livia gerichtet hat, vielleicht sogar auf Augustus' Anstiftung und mit Beteiligung des Varus.

Varus beabsichtigt, eine Niederlage vorzutäuschen, um Arminius' Ansehen bei den Germanen zu steigern.

27. Scylax hat den Namen des Germanen herausgefunden, in Wirklichkeit der Illyrier Agron, der allerdings aus seiner Schmiede in der Subura verschwunden ist. Laut einem Nachbarn kam Agron vor etwa zehn Jahren mit seinem Patron nach Rom.

Varus wird nervös, weil der abgemachte Scheinangriff auf sich warten läßt, und befürchtet, daß Arminius ihn verraten hat.

28. Corvinus überlegt, wie Varus beteiligt sein könnte. In der Nacht hat er einen Traum über die Verschwörung.

29. Varus' Schwester Quinctilia hat Corvinus' Besuch schon erwartet. Bei ihr ist außer ihrem Neffen Asprenas auch Agron, früher Ordonnanz bei Varus; er berichtet, wie er die Schlacht im Teutoburger Wald überlebt hat. Nach einer Bedenkpause mit Asprenas beschließt Quinctilia, Corvinus die Wahrheit zu sagen.

30. Quinctilia berichtet, wie Varus in seinem Verrat selbst von Arminius verraten wurde. Eine Verbindung zur Verschwörung um Paullus und Iulia ist ihr dagegen neu. Als Corvinus gerade gehen will, erkennt er die Hintergründe.

31. Demnach hat Livia die Verschwörung, die sich gegen sie und ihren Sohn richtete, unterwandert; auch die Niederlage in Germanien war Teil des Plans, Augustus und die Iulier zu diskreditieren. Quinctilia bestreitet jedoch, daß Varus je für die ihm verhaßte Kaiserin gearbeitet haben könnte.

32. Auf dem Rückweg überlegt Corvinus, ob der fehlende Verschwörer nicht Varus, sondern sein Stellvertreter Vela gewesen sein könnte, mit einem separaten Abkommen mit Arminius.

33. Weil Perilla nicht zu Hause ist, besucht Corvinus nach längerer Pause seine Mutter, die von seiner Affäre mit Perilla schon weiß.

34. Perilla ist verschwunden. Corvinus besucht seinen Vater, der versichert, von nichts zu wissen, aber bei der Suche helfen will.

35. Corvinus bittet auch Scylax um Hilfe, dem er jetzt die ganzen Hintergründe offenlegen muß.

36. Agron sucht Corvinus auf und bietet ihm in Quinctilias Auftrag Hilfe an. Er hält Vela nicht für den gesuchten Verräter, berichtet aber, daß Vela einen Beweis für Varus' Verrat an Asprenas geschickt hat, damals Kommandeur am Rhein (Corvinus verdächtigt Asprenas daraufhin, ohne dies Agron zu sagen). Im Garten wird eine Botschaft der entführten Perilla gefunden, der der Tod droht, wenn Corvinus nicht Rom verläßt.

37. Corvinus bereitet sich vor, der Anweisung der Entführer zu folgen, doch inzwischen hat Scylax eine Spur gefunden.

38. Scylax, sein Helfer Daphnis, Corvinus und Agron beobachten die Wohnung des Entführers in der Subura. Als dieser Corvinus und Agron sieht, flieht er und kommt durch einen Unfall ums Leben. Agron erklärt, daß der Mann vor ihm geflohen ist.

39. Es ist Ceionius, angeblich im Teutoburger Wald gestorben, nachdem er sich den Germanen ergeben hat. In seiner Wohnung findet sich die entführte Perilla unversehrt.

40. Corvinus' Vater läßt sich die Geschichte vom doppelten Verrat des Varus und Velas berichten. Er bemerkt, daß der verräterische Brief, den Vela an Asprenas geschickt hat, eine Fälschung sein kann, weil die blinde Quinctilia nicht in der Lage ist, die Handschrift ihres Bruders zu erkennen.

41. Außerdem berichtet er, wie Asprenas die Niederlage für Betrügereien ausgenutzt hat. Corvinus erzählt, daß sein Verdacht sich vor allem gegen Livia richtet, und arrangiert eine Unterredung mit ihr.

42. Corvinus konfrontiert die greise Kaiserin vorsichtig mit den Vorwürfen gegen sie, nämlich daß sie mit Hilfe von Silanus und Asprenas den Versuch von Iulia und Fabius unterwandert hat, die Erbfolge der Iulier zu sichern.

43. Livia gesteht natürlich nichts davon, gibt aber zu, daß Ovid zufällig von den Vorgängen erfuhr und deshalb aus dem Verkehr gezogen werden mußte, weil er von Asprenas' Beteiligung wußte. Auf den Vorwurf, mit Hilfe von Asprenas und Arminius die Niederlage des Varus herbeigeführt zu haben, beteuert sie, kein solches Massaker beabsichtigt zu haben. Als Preis seines Schweigens sichert sie Corvinus, wenn auch widerstrebend, die Rückführung von Ovids Überresten zu - und die Hand Perillas ...

44. Bei seiner Rückkehr erhält Corvinus Besuch von Asprenas, der seine Rolle in der Angelegenheit bestätigt, aber versichert, daß Livia den Untergang der drei Legionen in Kauf genommen hat, um Tiberius die Nachfolge zu sichern.

45. Ovids Asche wird im kleinsten Kreis beigesetzt.

Bewertung

Die Grundidee, die hinter der Geschichte steht, verdankt viel der Darstellung von Robert Graves, der Livia in I, Claudius als die große Intrigantin geschildert hat, die durch Morde und Verdächtigungen die Erbfolge ihres Sohnes Tiberius sichert. Historisch ist dies freilich eher zweifelhaft,[[1]] wie alle weitgreifenden Verschwörungstheorien. Gerade für Todesfälle in jungen Jahren braucht man in einem Zeitalter weit höherer Sterblichkeit als heute keine unnatürlichen Gründe zu suchen[[2]] (man beachte, daß auch Livias Sohn Drusus recht jung starb). Immerhin stützt sich manches bei dieser Idee auf schon antike Spekulationen und nutzt die großen Lücken in der Überlieferung aus, so bei den Verurteilungen der beiden Iuliae.[[3]]

Was hat Wishart in seinem ersten Kriminalroman nun aus dieser Thematik gemacht? Die Vermengung von Verschwörungen und gegenseitigem Verrat ist mitunter etwas undurchsichtig, die Wahrheit schält sich für Corvinus aber graduell immer mehr heraus; es gibt keine grundsätzlichen Überraschungen mehr kurz vor Schluß (wie sie z. B. Steven Saylor liebt). Insgesamt wirkt die Geschichte doch eher simpel gestrickt, die Komplexität ist eigentlich nur vorgetäuscht.

Dies gilt auch für die Charakterisierung der Hauptpersonen, die überwiegend sehr eindimensional sind, auch Corvinus selbst; die differenzierteste Gestalt ist vielleicht sein Vater, von dem man gern mehr gesehen hätte. Daneben werden zahlreiche weitere historische und fiktive Gestalten erwähnt oder treten leibhaftig auf, von denen manche etwas lieblos behandelt und vom Erzähler später geradezu vergessen werden; weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen. Vorkenntnisse in der römischen Geschichte und Literatur sind potentiell hilfreich, um den Überblick zu behalten, weil auch das viel zu knappe Stemma der kaiserlichen Familie und das Personenverzeichnis wenig helfen. Tiberius, der gleichsam über der ganzen Geschichte schwebt, tritt nicht persönlich auf, auch wenn ständig von ihm die Rede ist (meistens mit dem Spottnamen "The Wart"), und er bleibt am Schluß noch blasser als erwartet, weil er offenbar keinen Anteil an den Machinationen der Livia hatte, von denen er freilich profitierte.

Der Roman enthält wenig "Beiwerk", das nicht in direktem Zusammenhang mit der Geschichte steht, bis vielleicht auf das Treffen von Corvinus mit seiner Mutter. Prinzipiell ist natürlich begrüßenswert, daß nicht unmotiviert antiquarisches Material ausgebreitet wird, aber wen die Handlung nicht zu fesseln vermag, hat wenig, was ihn ablenken könnte. Im "germanischen" Handlungsteil, den angeblichen Aufzeichnungen des Varus, steckt einiges Potential, das leider nur wenig ausgenutzt wird.

Einige wichtige Abweichungen von der historischen Überlieferung sind Wishart durchaus bekannt, wie er zugibt, so die übertriebene Darstellung der Palastbürokratie in Kapitel 2 oder der korrekte Name von "Uncle Cotta" (S. 5); er lautete M. Aurelius (nicht: Valerius)[[4]] Cotta Maximus Messallinus (dieser Bestandteil wurde wohl erst nach dem Tod seines Bruders hinzugefügt). Der Namensbestandteil "Corvinus" des Ich-Erzählers ist nicht belegt; es ist ohnehin vielleicht besser, ihn als fiktive und nicht als historische Figur anzusehen, da Wishart ihn als jungen Mann schildert, der im Jahr 18 noch kein einziges Amt bekleidet hat, während der historische M. Valerius Messalla im Jahr 20 (zusammen mit seinem Onkel Cotta) cos. ord. war (Wishart gibt dies im Nachwort zu). Über ihn ist sonst nichts weiter bekannt.[[5]] Eine weitere Ungenauigkeit bei Namen: der Offizier im Heer des Varus hieß Numonius Vala, nicht "Vela".

Ansonsten hat Wishart die historische Überlieferung gut ausgewertet, so zum Beispiel beim Tod des Fabius Maximus, wo er sowohl die entsprechende Passage aus Ovids Epistulae ex Ponto zitiert (S. 199, nach ep. ex P. 4, 6, 9-16) als auch die Darstellung des Tacitus wiedergibt (S. 183-184, nach ann. 1, 5, 2). Die Historizität der Episode mit dem Besuch des greisen Augustus bei seinem verbannten Enkel Agrippa Postumus ist freilich eher zweifelhaft.[[6]]

Besonders erwähnenswert ist die sehr idiomatische Sprache, in der Wishart erzählt. Er modernisiert in noch stärkerem Maße als Lindsey Davis, und es lassen sich zahlreiche Beispiele für (britischen) Slang finden wie "pukkah senators" (S. 2), "effing" (= "fucking", S. 217), "Ex-PFC" (= "Private First Class", S. 220) oder "Big Fritz" für einen Germanen (S. 52 und öfter). Ebenfalls gewöhnungsbedürftig sind Ausdrucksweisen wie "had moved on to the Complete Works category" (S. 4) oder die "Übersetzung" des Titels von Catos De agri cultura mit "Farming is Fun" (S. 48).

Es gibt mitunter moderne Orts- und Völkernamen: "Slav" (109), "Saxony", "Silesia" (187).

Als historischer Roman ist das Werk nicht sehr bedeutend, als Krimi gehört es trotz einiger "thriller"-Elemente eher in die Agatha-Christie-Schule.

Weitere Meinungen

Louise Dade, http://www.classical-webdesigns.co.uk/falco/library/wishart.html (letzte Änderung: 11. Febr. 2002; zuletzt aufgerufen: 11. Okt. 2002):

"For a first mystery, I found this novel quite gripping and I couldn't wait to find out how everything tied together.
[...]
On the whole, I would say that Wishart is a competent mystery writer, although I think a better term for his novels would be historical enigma writing, because he builds mysteries around real events and enigmas of history. I especially like the way Wishart uses his classial [sic] scholarship to extrapolate - very bravely - events and form hypotheses. One must, of course, remember that these are fictional novels and therefore hypotheses about events are just supposition and guesswork, expertly done nevertheless."

Anmerkungen

[[1]] Vgl. zur oft negativen Einschätzung von Livia z. B. Jochen Bleicken, Augustus (Berlin, 1998), S. 655–656 ("die aus dem Inneren des Palastes alle politischen Bewegungen beobachtende und intrigierende Livia ist eine Erfindung der Historiker").

[[2]] Vgl. dazu z. B. Ronald Syme, The Augustan aristocracy (Oxford, 1986), S. 15–31, und jetzt Walter Scheidel, "Emperors, aristocrats, and the grim reaper : towards a demographic profile of the Roman élite", Classical quarterly n. s. 49 (1999), 254–281; eine so lange Lebensspanne wie die von Augustus und Livia war eher eine Ausnahme.

[[3]] Daß die Verbannungen der jüngeren Iulia und des Agrippa Postumus weniger persönliche als politische Gründen hatten, sieht auch die moderne Forschung (z. B. Bleicken, Augustus, S. 648–650) prinzipiell ähnlich wie Wishart, aber eben ohne die im Hintergrund ihre Machinationen betreibende Livia. Vgl. auch Syme, The Augustan aristocracy, S. 115–127, der davon ausgeht, daß Aemilius Paullus nicht hingerichtet wurde, sondern bis zum Jahr 14 weiterlebte.

[[4]] Dies wird von Wishart im Vorwort zum 2. Band der Serie (Germanicus [London, 1997], S. VII–VIII) eingeräumt.

[[5]] Syme, The Augustan aristocracy, S. 239: "only an item on the Fasti."

[[6]] Vgl. Syme, The Augustan aristocracy, S. 415–416.