John Maddox Roberts

The temple of the Muses

New York : Avon, 1992; Neuausg. New York: Minotaur, 1999.
Dt. Übers. u. d. T.: Der Musentempel : ein Krimi aus dem alten Alexandria. - München : Goldmann, 1994.

(Direkt zur Bewertung)

Inhalt

1. Als Begleiter seines Verwandten Creticus reist Decius Caecilius Metellus mit einer Gesandtschaft nach Alexandria. Die Römer werden bei der Ankunft ihres Schiffes königlich empfangen, wie dies im von Rom abhängigen Ptolemäerreich inzwischen üblich ist. Von seinem Cousin Rufus, der schon länger in Alexandria ist, erfährt Metellus Einzelheiten über den Hof; König Ptolemaios, der "Flötenspieler", hat einen neugeborenen Sohn und drei Töchter. Rom wird wie schon seit langem ein gewichtiges Wort bei der Nachfolgefrage mitzusprechen haben, ohne aber Ägypten völlig zu annektieren.

2. Metellus besichtigt das Land und hat bei seiner Rückkehr eine Auseinandersetzung mit einem makedonischen Offizier. Zwei vornehme römische Damen treffen ein, Fausta, die Tochter Sullas, und Metellus' Verlobte Iulia. Vor allem letztere zeigt großes Interesse an den Gelehrten des berühmten Museions, um das Metellus bisher stets einen Bogen gemacht hat. Bei einem Empfang trifft man neben anderen den Mathematiker Iphikrates von Chios und den Bibliothekar Amphitryon. Auch der Metellus aus Rom bekannte Arzt Asklepiodes ist dort, ferner Ataxas, der Führer des orgiastischen Kultes des Baal-Ahriman, der kürzlich nach Alexandria gekommen ist.

3. Metellus und Fausta besichtigen das Museion, wo sie außer Asklepiodes und dem Astronomen Sosigenes auch den unwirschen und mit mechanischen Versuchen beschäftigten Iphikrates wiedertreffen. Metellus erfährt von seinem Sklaven Hermes, daß die Königin wieder schwanger ist, und wird ergriffen von der heiligen Atmosphäre im Tempel der Musen. Aus Rom kommt die Nachricht, daß Iulias Onkel Caesar zum Consul des folgenden Jahres gewählt wurde. Am nächsten Tag sucht Metellus mit Iulia und Fausta erneut das Museion auf, wo ein Bankett stattfindet, in das die Nachricht von einem Zwischenfall platzt: Iphikrates ist tot aufgefunden worden, ohne Zweifel ermordet. Asklepiodes findet heraus, daß er mit einer Axt erschlagen wurde.

4. Vom König läßt Metellus sich am nächsten Morgen offiziell mit Ermittlungen beauftragen. Im Museion erfährt er, daß eine Schriftrolle verschwunden ist, die Iphikrates aus der Bibliothek entliehen hatte, ein Werk des Biton über Kriegsmaschinen, mit denen der Mathematiker sich angeblich nicht beschäftigt hat. Zwischendurch erscheinen der Garnisonskommandant Achillas und Memnon, der Offizier, mit dem Metellus schon aneinandergeraten ist. Jetzt kommt es sogar zu Handgreiflichkeiten, und Metellus schlägt Memnon nieder. Mit Hermes geht er weiter zum Serapeion und dann zum Tempel des Baal-Ahriman, wo Ataxas ihm mitteilt, daß der Gott in Kürze zu seinen Anhängern sprechen wird. Hermes hat bemerkt, daß der Priester ein ehemaliger Sklave sein muß.

5. Mit Iulia besucht Metellus das Soma (das Grabmal Alexanders des Großen) und den Leuchtturm von Pharos. Am Abend gibt Berenike, die älteste Tochter des Königs, ein ausschweifendes Fest. Dabei trifft Metellus die zehnjährige, aber schon sehr scharfsinnige Prinzessin Kleopatra. Berenike erzählt, daß Baal-Ahriman ihr sein Kommen selbst angekündigt hat. Iulia hat herausgefunden, daß Iphikrates offenbar Schriften über Kriegsmaschinen an den Gesandten der Parther weitergegeben hat.

6. Vom Diener des Iphikrates erfährt Metellus, daß der Gelehrte vor seinem Tod einen Besucher hatte; die Beschreibung könnte auf Achillas passen. Zusammen mit Asklepiodes findet er heraus, daß Iphikrates sich mit Brennspiegeln und Tauen für Geschütze beschäftigt hat. Aus der Bibliothek entleiht Metellus eine Kopie des Werks von Biton, kann darin aber keinen Grund für einen Mord entdecken.

7. Unter dem Vorwand eines Jagdausflugs läßt Metellus sich mit Hermes von einem Bootsmann an die Stelle bringen, zu der Iphikrates jeden Monat reiste, angeblich, um den Wasserstand des Nils zu erforschen. Doch stoßen Metellus und Hermes am Ufer des Mareotissees auf ein geheimes Militärlager, wo zahlreiche kunstvolle Kriegsmaschinen erprobt werden.

8. Im Katasteramt findet Metellus heraus, daß das Anwesen am See dem Vater des Achillas gehört. Er berichtet dies Creticus, der eine Beteiligung des Königs vermutet. Die Prophezeihung des Baal-Ahriman soll unmittelbar bevorstehen, und mit Berenike lassen sich auch Metellus, Iulia und Fausta zum Tempel bringen, wo eine große Menge Ägypter wartet. Die Statue des Gottes spricht tatsächlich, wobei sie auf geheimnisvolle Weise sogar den Mund bewegt, und verkündet, daß Ägypten wieder die erste unter den Nationen werde (wie es Metellus schon geahnt hat). Es gelingt den Römern unter zunehmenden Tumulten, in den Palast zurückzukehren.

9. Die römischen Händler in Alexandria verlangen von Creticus Maßnahmen, doch der Botschafter lehnt ein militärisches Eingreifen Roms ab. In der Verkleidung eines Wüstennomaden begibt sich Metellus in die Stadt und schleicht sich in den Tempel des Baal-Ahriman. Er findet heraus, daß das Sprechen der Statue mit technischen Tricks hervorgerufen wurden, die auf eine Beteiligung des Iphikrates schließen lassen, doch überrascht ihn Ataxas, und Metellus muß fliehen. Die ihn verfolgenden Tempeldiener kann er abschütteln, indem er sie in einen Streit mit echten Nomaden verwickelt, und kehrt in den Palast zurück, wo Creticus ihn wegen seines Alleingangs tadelt. Die Geliebte des parthischen Botschafters bittet Metellus in einem Brief um ein heimliches Treffen.

10. Am Abend schleicht Metellus wieder aus dem Palast und zur Nekropole, wo die Hetäre Hypatia auf ihn wartet. Sie verspricht, ihm das verschwundene Buch zu geben, das ein wichtiges Indiz sein soll, wenn er sie dafür nach Rom mitnimmt. Auf dem Rückweg in die Stadt vergnügen sich die beiden im Park von Daphne.

11. Als Metellus am Morgen aufwacht, liegt die ermordete Hypatia neben ihm im Bett. Creticus läßt seinen Neffen unter Mordverdacht in Ketten legen und später vor König Ptolemaios verhören. Dabei erscheint auch Asklepiodes, der bei einer Untersuchung der Leiche festgestellt hat, daß sie nicht in Metellus' Bett erstochen wurde und die Mordwaffe eine in Rom verpönte Sica ist. Ptolemaios läßt sich überzeugen, daß beträchtliche Zweifel an Metellus' Schuld bestehen, und überantwortet ihn den Römern. Creticus will seinen Neffen aber so bald wie möglich außer Landes schaffen lassen.

12. Fausta bringt Metellus eine Botschaft Iulias mit der Mitteilung, wo Hypatia gewohnt hat; Metellus vermutet, daß das Buch noch dort ist. Er macht sich am Abend heimlich auf und schafft es, in das Haus einzudringen. Doch dann erscheinen weitere Besucher, und Metellus muß sich unter dem Bett verbergen. Dort hört er mit an, wie der parthische Botschafter Orodes, ein Offizier (nicht Achillas, sondern Memnon) und eine dritte Person (Ataxas, wie sich herausstellt) ihre Abmachung bekräftigen, daß Parthien und Ägypten (unter dem zukünftigen Herrscher Achillas) mit Hilfe von Iphikrates' Kriegsmaschinen gemeinsam gegen Rom losschlagen wollen, das gerade durch Kriegsgefahr in Gallien abgelenkt ist.

Metellus zeigt sich den dreien; er tötet Memnon im Zweikampf, während Orodes und Ataxas entkommen. Da der Priester das Buch und die belastenden Dokumente mitgenommen hat, verfolgt Metellus ihn bis in das ägyptische Viertel. Dort kann er Ataxas stellen und ihm die Beweise abnehmen. Der Priester tötet eine Katze und beschuldigt Metellus dieses in den Augen der Ägypter ungeheuren Sakrilegs. Trotz eines gewaltigen Aufruhrs gelingt es dem Römer, sich in das jüdische Viertel zu flüchten, wo ein gewisser Simeon ihn versteckt hält, bis die Unruhen abklingen.

Dann kehrt Metellus auf Umwegen in den Palast zurück und will zu Ptolemaios, doch Achillas fängt ihn vorher ab, und Metellus muß sich in die römische Botschaft flüchten, wo Creticus ihn sehr ungnädig empfängt. Mit Iulias Hilfe gelingt es ihm aber zu berichten, was er herausgefunden hat. Ptolemaios stellt sich mit seiner Familie unter den Schutz Roms. Achillas bleibt aber Oberbefehlshaber, und Metellus wird auf einem gerade eingetroffenen römischen Kriegsschiff außer Landes gebracht.

Bewertung

Während Steven Saylors Gordianus und Lindsey Davis' Falco schon von Anfang an einen beträchtlichen Teil ihrer Ermittlungen außerhalb der Stadt Rom geleistet haben, war Roberts' Caecilius Metellus in den ersten drei Bänden der Serie überwiegend in der Urbs selbst aktiv. In diesem Roman verläßt er zum ersten Mal Italien und hält sich in der Weltstadt Alexandria auf, deren Schilderung Roberts ebenso wie die der römisch-ägyptischen Politik im wesentlichen recht überzeugend gelungen ist. Vor allem das Auftreten der Römer im nominell noch unabhängigen Ägypten ist nahe an der historischen Wahrscheinlichkeit, und wenn eine Verschwörung wie die im Lauf des Romans aufgedeckte auch nicht überliefert ist, so waren die Verhältnisse im 1. Jahrhundert v. Chr. doch turbulent genug, um sie zumindest glaubwürdig erscheinen zu lassen. In der Realität hätten die befürchteten Kämpfe in Gallien eine militärische Reaktion der Römer im Osten aber wohl kaum verhindert.

Es lassen sich so für die Handlung selbst zwar keine direkten historischen Quellen angeben, aber bei zahlreichen Einzelheiten konnte Roberts sich auf authentisches Material stützen. Historische Gestalten sind außer der Herrscherfamilie und Metellus Creticus (der im Jahr 60 zwar in Gallien war, wie S. 10 bemerkt, eine Reise nach Ägypten ist aber nicht belegt) z. B. Achillas und Pothinus. Fiktiv sind dagegen Ataxas und die meisten Gelehrten des Museions (bis auf Sosigenes). Der Zwischenfall mit der getöteten Katze ist Diodor (1, 83, 8-9) entnommen (der betroffene Römer wurde nach den Angaben des Augenzeugen Diodor allerdings vom Mob getötet) und hat auch Steven Saylor zu einer Kurzgeschichte angeregt.

Kriminalistisch ist die Geschichte nicht unbedingt überragend; zu offensichtlich ist diesmal die Verschwörung gegen Rom. Es gibt im Lauf von Metellus' Ermittlungen fast keine Überraschungen und vor allem auch keine falschen Spuren. Ataxas, Achillas, Memnon und Iphikrates werden von Beginn an als suspekt dargestellt, und so haben wir keinen "Whodunnit", sondern einen römischen Politthriller (Mench [s. u.]: "more James Bond than Sam Spade"; das gilt aber eigentlich auch für die anderen Werke von Roberts). Der eigentliche Grund für den Mord an Iphikrates (er trieb ein doppeltes Spiel und wollte seine Kriegsmaschinen auch an weitere Könige verkaufen) wird nur nebenher mitgeteilt und interessiert auch nicht besonders.

Leider gibt es trotz des insgesamt durchaus positiven Bildes wieder eine Anzahl von Versehen bei Einzelheiten, die sich etwas mehr Sorgfalt hätten vermeiden lassen; dies trifft in besonderem Maße auf die deutsche Übersetzung zu.

Die Geschichte spielt, wie aus verschiedenen Indizien hervorgeht, vor allem auch der Consulardatierung am Schluß, in der zweiten Hälfte des Jahres 60 v. Chr. Zu dieser Zeit hatte Clodius aber seine transitio ad plebem noch nicht vollzogen (15). Eine Jahreszählung ab urbe condita, wie Metellus sie verwendet, (279) war unüblich, und seine Jahresangabe 692 ist falsch (694 nach varronischer Ära und römischer Zählweise).

Der berüchtigte "Patrizier"-Fehler vieler Romanautoren, die diesen Begriff synonym mit "Aristokratie" oder "Nobilität" verwenden, wird ausnahmsweise einmal im Roman selbst korrigiert, wenn Creticus auf die Bezeichnung als "Ihr Patrizier" berechtigterweise antwortet: "das [sic!] Gens der Caecilier ist plebejisch" (190). Die Wendung "die Familie der Caecilia Metella" (211) ist mißverständlich, weil man eine Frau als Namenspatronin vermuten würde (vielleicht auch ein Übersetzerfehler).

Von welchem Herrscher ein libyscher Botschafter (214) kommen soll, ist mir nicht ganz klar. Chronologisch problematisch ist auch die Auflistung von Hypatias Botschafter-Liebhabern: einen bithynischen Gesandten gab es nach 74 v. Chr. nicht mehr; die Aufzählung kann also nicht in chronologischer Reihenfolge sein, oder Hypatia wäre schon seit mehreren Jahrzehnten im "Gunstgewerbe" tätig gewesen.

Einige Anachronismen treten auf: erneut verwendet der deutsche Übersetzer moderne Maßeinheiten ("Meter" S. 11 und öfter, auch "Zentimeter" und "Quadratmeter"), freilich einmal auch "Viertelmeile" (187). "Fajum" (168) ist ein arabischer Ausdruck, ebenso wie "Mastaba" (209). "Galizien" (195) soll wohl Galatien sein (der Fehler könnte hier auch beim Übersetzer liegen). Vermeiden sollte man im antiken Kontext vielleicht auch einen Ausdruck wie "Gurus" (44).

Seltsam ist der Gegensatz von "Papyrus- und Schriftrollen" (59), auch wenn unmittelbar anschließend noch Pergament erwähnt wird. Das meist und auch hier im Text "Soma" benannte Grabmal Alexanders des Großen erscheint auf der Karte mit der ebenfalls belegten Bezeichnung "Sema" (7). Der Verfasser eines nicht genau zu datierenden Werks über Kriegsmaschinen heißt Athenaios und nicht "Athenais" (252; Druckfehler?).

Das Konzept von ständigen "Botschaften" in Alexandria mit festem Personal, diplomatischer Immunität und einer Bewachung durch "Marines" ist ein wenig zu sehr an modernen Verhältnissen orientiert. Gleiches gilt teilweise für das Museion mit seinen "Fakultäten" (40 und öfter) und "Dekanen" (76). Auch die "Senatsausschüsse" mit ihrer abgestuften Hierarchie (88) sind eine Übertragung amerikanischer Verhältnisse auf die Antike.

Der Übersetzer ist der alten Sprachen nicht mächtig; zumindest würfelt er die Genera munter durcheinander: Groma als Maskulinum (oder Neutrum) statt Femininum (56), Chiton als Neutrum statt Maskulinum (73, 127), Soma als Maskulinum statt Neutrum (112), Ludus als Femininum statt Maskulinum (127, 218), Munera als Femininum Singular statt Neutrum Plural (129, auf derselben Seite auch richtig!, falsch wieder 277), Gens als Neutrum statt Femininum (190). Außerdem ist es längst unüblich geworden, lateinische Wörter in einem deutschen Satz mitzudeklinieren: "sein Stand entsprach in etwa dem eines Equitis" (165; kann schon im Original so gewesen sein).

Weiterer Übersetzerfehler: "Leutnant", wo der englische Ausdruck im Sinn von "Stellvertreter" gemeint ist (170).

Der direkte Vergleich der Übersetzung mit dem Original war an den ersten Seiten (bis 34) möglich, wo einige Mißverständnisse vorkommen, die teilweise wohl auf flüchtige Lektüre zurückzuführen sind: “I detested Gaul” heißt nicht “Ich kann Gallier nicht ausstehen” (10, ähnlich 16; die Ersetzung des Landes- durch den Volksnamen gibt den Passagen einen rassistischen Unterton!), “Greek world” ist nicht “hellenistische Welt” (12 und öfter; der Begriff “Hellenismus” stammt bekanntlich aus dem 19. Jahrhundert); ein “monkey” unterscheidet sich doch deutlich von einem “Esel” (13 und 25); “eleventh Ptolemy” wird mit “zwölfte<r> Ptolemäer” wiedergegeben (14; die Zählung der späten Lagiden ist notorisch unsicher und in jedem Fall nur in der modernen Forschung zu finden). Weggelassen sind: “from the Moon Gate” (12), “old-fashioned” (13).

Druckfehler: "degenierten" (17); "pantalischem" (114); falsche Klammersetzung: "wie (bis heute fällt es mir schwer) das zuzugeben, Caesar" (147); "auf latein" (165, kann auch mangelnde orthographische Kompetenz des Übersetzers sein); "Ball-Ahriman" und "Maar" statt Maat (beide 181).

Die kritisierten Einzelheiten sind zumeist aber nicht sehr bedeutend, und der Roman bestätigt den Eindruck, daß die "SPQR"-Reihe von Roberts sich im Lauf der Zeit etwas verbessert hat.

Weitere Meinungen

Fred Mench, Classical world 88 (1994), Heft 1, auch erhältlich über http://www.stockton.edu/~roman/fiction/roberts.htm:

"... The setting is historical, but the events are not tied to actual events, though many of the local characters are historical, and will appear again when Julius Caesar visits Egypt ...
Temple of the Muses, like the other three installments is fun to read, but you won't learn much about Rome. If you want supplementary light but instructive reading for yourself or your Latin or Roman history class, choose The Sacrilege."