John Maddox Roberts

The sacrilege

New York : Avon, 1992;
dt. Übers. u. d. T. Der Frevel des Clodius. - München : Goldmann, 1993

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Inhalt

Der Ich-Erzähler Decius Metellus kehrt aus Gallien nach Rom zurück, wo ihn sein Vater, der gerade Censor ist, in den Senat aufgenommen hat. Seine Familie trägt ihm sogleich auf, den Consulatsbewerber Metellus Celer zu unterstützen. Mit seinem neuen Leibsklaven Hermes sucht Decius erst ein Bad auf, dann seinen Verwandten, wo er Iulius Caesar trifft und seinen Intimfeind Clodius.

Am nächsten Tag beginnt Decius mit seiner Tätigkeit für Celer. Er trifft den jungen Appius Claudius Nero, der auf dem Forum eine Wahrsagerin und Kräuterfrau aufgesucht hat. Von seinem Freund Milo läßt er sich über die derzeitigen Aktivitäten des Clodius unterrichten.

Am Abend besucht Decius ein Gastmahl bei Aemilius Capito, den Celer als Kollegen im Consulat gewinnen will. Anwesend sind unter anderem der Consul Calpurnianus, der Senator Catulus, der Dichter Catullus und Nero. Der Gastgeber wird zu einem geheimnisvollen Besucher gerufen. Hermes beobachtet, wie Nero versucht, Decius' Speisen zu vergiften. Capito wird ermordet aufgefunden.

In der Senatssitzung des nächsten Tages geht es um den bisher verschobenen Triumph des Pompeius, der jetzt beschlossen wird, nachdem die Metelli ihren Widerstand aufgegeben haben. Lucullus lädt zahlreiche Senatoren, darunter auch Decius, zu einem Mittagessen ein. Milo sieht dort Fausta, die Tochter Sullas, und läßt sich ihr von Decius vorstellen. Später sucht Decius den Arzt Asklepiodes auf, um ihn um Hilfe in der Frage des Mordes und der versuchten Vergiftung zu bitten. Hermes berichtet, daß Nero am vergangenen Abend zum Haus des Celer gegangen ist.

Am nächsten Morgen wird bekannt, daß Clodius am Abend als Frau verkleidet in das geheime Fest der Bona Dea eingedrungen ist, an dem kein Mann teilnehmen darf. Eine sofort einberufene Senatssitzung kommt zu keiner klaren Entscheidung, wie mit diesem Sakrileg zu verfahren ist. Caesar, in dessen Haus die Feier stattfand, gibt bekannt, sich von seiner Frau zu trennen, auf die auch nicht der Schatten eines Verdachts fallen dürfe, und erntet schallendes Gelächter von Decius und den anderen Senatoren. Decius sucht Asklepiodes auf, der ihm bestätigt, daß es tatsächlich Gift war, was Nero auf seine Speise getan hat. Außerdem hat der Arzt die Leiche Capitos untersucht und festgestellt, daß dieser mit einer besonderen Art Messer erstochen wurde und nachträglich einen Hammerhieb auf die Stirn erhielt.

Decius bekommt von Celer den Auftrag, die Clodius-Affaire zu untersuchen, doch so, daß Celers Frau Clodia (Clodius' Schwester) herausgehalten wird. Zuerst unterhält sich Decius mit Cicero, dann sucht er das Haus Caesars auf, wo er von dessen Nichte Iulia empfangen wird, die sich bereiterklärt, Decius bei seinen Ermittlungen zu helfen. Der nächste Besuch gilt Crassus, der Decius von Verbindungen zwischen Clodius und Pompeius erzählt, sich selbst freilich mit Caesar zusammengetan hat.

Mit dem ägyptischen Botschafter Lisas unterhält sich Decius über mögliche Hintergründe der Verbindung von Crassus und Caesar. Dann sucht Decius Milo auf, der verspricht, ihm zu helfen, wenn Decius für ihn um Fausta wirbt. Auf dem Rückweg findet Decius vor seiner Haustür die Leiche Neros, auf die gleiche Weise umgebracht wie Capito.

Am nächsten Morgen wird der Fund von Neros Leiche allgemein bekannt, und Clodius erscheint, um sie abzuholen. Er beschuldigt Decius, seinen Cousin umgebracht zu haben, und es kommt fast zu einer Straßenschlacht, die durch das Erscheinen Caesars verhindert wird. Decius sucht Celers Frau Clodia auf, bei der er die junge Fulvia trifft, Clodius' Verlobte. Er beobachtet, wie die Kräuterfrau Purpurea das Haus Celers betritt, und stellt sie später zur Rede. Sie bestreitet, Clodia Gift geliefert zu haben, und läuft erschrocken davon, als Decius von den Morden erzählt.

Am nächsten Tag sucht der Senat Pompeius in seinem Lager vor der Stadt auf, um ihn feierlich von seinem Triumph zu unterrichten. Der Feldherr, in dessen Begleitung sich etruskische Priester befinden, behandelt die Senatoren recht hochmütig. Am Nachmittag erlebt Decius auf dem Forum, wie die Leiche Purpureas gefunden wird, ermordet auf die gleiche Weise wie Capito und Nero. Verabredungsgemäß trifft er sich am Castortempel mit Iulia, die herausgefunden hat, daß Clodius am Tag der Mysterien in Begleitung der Kräuterfrau in das Haus Caesars gekommen ist. Vermutlich war sein eigentliches Ziel, sich an diesem unzugänglichen Ort mit anderen zu treffen. Auch Fausta soll an jenem Abend anwesend gewesen sein.

Decius versucht am nächsten Tag herauszufinden, was Caesar zur Zeit der Mysterien getan hat. Dann geht er zu Asklepiodes, der erklärt, daß der seltsame Hammerschlag auf den etruskischen Totengott Charun hinweist. Im Ludus Statilius trifft Decius auch Faustus Sulla, den Zwillingsbruder Faustas. Dann besucht er Milo und anschließend Lucullus, der nichts dagegen hat, daß Decius für Milo um Fausta wirbt. Die junge Frau ist ebenfalls nicht abgeneigt. Auf dem Rückweg trifft Decius auf Clodius und dessen Schlägerbande. Er versucht zu entkommen, doch Clodius holt ihn ein, und es kommt zu einer erbitterten Schlägerei, die sich bis aufs Forum und das Tribunal des Praetors Octavius hinzieht, der die beiden Streithähne festnehmen läßt und ihnen einen Prozeß androht. Von seinem Vater, der ihn in Obhut nimmt, erfährt Decius, daß im Senat demnächst über die Ansiedlung von Pompeius' Veteranen in Etrurien verhandelt wird, wogegen zum Beispiel Capito war. Decius läßt sich zur Behandlung seiner Verletzungen zu Asklepiodes bringen und hat unterwegs einen wirren Traum über ein Tier mit drei Köpfen, darunter der des Pompeius und Crassus.

Verarztet unterhält Decius sich mit Milo über den Zustand Roms und erfährt vom Aedilen Domitius, daß die ermordete Purpurea eine Freigelassene Caesars war. Im Haus des Lucullus befragt er die Harfenspielerin, die am fraglichen Abend den verkleideten Clodius entdeckt hat. Während Pompeius' Triumph vorbereitet wird, überlegt Decius zusammen mit Hermes, ob es vielleicht der Feldherr war, der hinter den Anschlägen steckt.

Am Vortag von Pompeius' Triumph schaut sich der ganze Senat im halbfertigen Theater des Feldherrn ein Stück des Euripides ein. Auf den Hinterbänken herrscht eine ziemliche Unruhe, die sich noch steigert, als Decius auf einmal die Erleuchtung kommt. Er verläßt überstürzt das Theater und eilt nach Hause, wo Iulia schon auf ihn wartet. Sie hat mitangehört, wie Clodius zu Caesar davon sprach, Decius ermorden zu wollen. Decius berichtet ihr von seinem Einfall: bei den Mysterien war nicht nur Clodius als Frau verkleidet zugegen, sondern auch Caesar, Pompeius, Crassus und Faustus (den Iulia für seine Schwester gehalten hat). Ihre Bestätigung findet diese Vermutung in einem Schreiben, das Nero vor seiner Ermordung Decius übergeben wollte und das Hermes heimlich an sich genommen hat. Nero schreibt, daß Clodius ihn zum Vergiftungsversuch an Decius gezwungen hat; Clodius sei es auch, der das Treffen im Haus Caesars arrangiert habe, bei dem die führenden Männer abgesprochen haben, wie sie in Zukunft Rom regieren wollen. Decius erkennt, daß der eigentliche Nutznießer der Pläne Caesar ist, und hofft, daß er den Dreibund noch verhindern kann.

Nachts bringt Decius mit Milos Hilfe Iulia in die Domus publica zurück und kann dabei den Häschern des Clodius und den Mordpriestern des Pompeius entgehen. Iulias Großmutter Aurelia ist nicht erfreut über die Gesellschaft, in der ihre Enkelin sich aufgehalten hat. Decius verbringt den Rest der Nacht bei Milo.

Am Morgen gelingt es Decius, in den Reihen des Senats am Triumphzug teilzunehmen. Er unterhält sich mit Caesar, der angibt, Decius schützen zu wollen. Dieser hält jedoch an seinem Plan fest, beim Siegesbankett des Pompeius die Verschwörer bloßzustellen. Er schafft es allerdings nicht, auf das Capitol zu gelangen, sondern muß erneut einen erbitterten Kampf mit Clodius ausfechten, der vom Rücken eines von Pompeius' Triumphzugs-Elefanten kämpft. Decius kann sich auf die Schwelle der Domus publica retten, wo ihn eine erzürnte Aurelia empfängt. Auch Caesar erscheint und bringt Decius vor Clodius und dessen Leuten in Sicherheit; doch als Gegenleistung verlangt er den belastenden Brief und verkündet Decius, daß er Iulia heiraten soll.

Bewertung

Wie im ersten Band der Reihe hat Roberts als Kern des Romans eine weit ausgreifende Verschwörung der mächtigsten Politiker Roms genommen, diesmal sogar eine in den Quellen ausführlich belegte, das sog. "1. Triumvirat". Er hat die Ereignisse aber reichlich ausgeschmückt und bereits auf das Jahr 61 datiert, vor Caesars Abreise zur Propraetur in Spanien, während es nach den bekannten Quellen erst zu Beginn von Caesars Consulat wirksam wurde. Den zukünftigen Triumvirn werden bereits die Pläne unterstellt, die sie erst auf der Konferenz von Lucca fünf Jahre später absprachen (265). Möglich wären die Ereignisse so, wie sie geschildert werden, vielleicht schon, aber die historische Wahrscheinlichkeit hat Roberts nicht auf seiner Seite, und der nicht vorinformierte Leser könnte vielleicht auf falsche Fährten gelenkt werden. Positiv hervorzuheben ist allerdings, daß Decius Metellus am Anfang des Romans ausführlich über historische Wahrheit und die Unmöglichkeit, sie festzustellen, philosophiert; dies sollte man als deutliches Warnzeichen nehmen, alles Folgende als subjektive Ansicht zu verstehen.

Die Chronologie ist allerdings recht stark verändert; Ereignisse, die sich in Wirklichkeit über ein Dreivierteljahr hinzogen, sind in den Zeitraum weniger Tage zusammengepreßt: Clodius wurde Anfang Dezember 62 bei den Mysterien ertappt, noch bevor er die Quaestur antrat; Caesar war damals noch Praetor und reiste erst im März nach Spanien ab. Inzwischen, Anfang 61, war Pompeius gelandet; seinen Triumph feierte er aber erst im September, einige Zeit nach dem im Sande verlaufenen Prozeß gegen Clodius. Demgegenüber spricht Decius am Schluß von "einem Zeitraum von elf Tagen im Jahr 693 der Stadt Rom, im Jahr des Consulats von Calpurnianus und Messala Niger", also 61 v. Chr. (die Angabe eines Monats hat der Verfasser wohl absichtlich im ganzen Roman unterlassen, und der Klappentext nennt fälschlicherweise das Jahr 63).

Die Rolle des Clodius in Roberts' freier Darstellung der Ereignisse ist ohne Zweifel übertrieben. Immerhin ist anzuerkennen, daß Roberts eine originelle Erklärung für den Bona-Dea-Skandal gefunden hat, aber man vermißt ein wenig Ciceros Rolle. Seine Clodius belastende Aussage muß man sich wohl nach dem Schluß des Romans im Rahmen einer offiziellen Verschleierungsaktion vorstellen. Cicero kommt auch sonst schlecht weg; da er immerhin 66 v. Chr. die bekannte Rede über das Imperium des Pompeius gehalten hat, ist es mißverständlich, wenn er "früher immer zu den Anti-Pompeianern" gehört haben soll (56).

Ein spezieller und recht positiver Zug ist noch hervorzuheben: es gibt keine simple Schilderung eines Triumphzugs nach den üblichen Quellen, sondern nur das, was Decius im Lauf des Tages selbst erlebt.

Als Krimi ist der Roman eher mittelmäßig, weil der mutmaßliche Täter schnell bekannt ist und es keine überraschende Schlußwendung mehr gibt. Die starke Verzerrung der z. B. bei Cicero belegten Ereignisse und eine Vielzahl sachlicher Fehler sollten eine Verwendung im Unterricht verbieten.

An Versehen finden sich:

Anachronistische Ausdrücke sind: "Hektare" (12; im Original "acres") und "Meter" (291), "Majordomus" (15), "Papier" (18; im Original "paper"), "Mäzenatentum" (34, im Original "patronage"), "Lakaien" (75), "Boulevards" (208).

Lateinfehler: "eine Munera" (83 und öfter), "Pontificis" als Plural (90 und öfter, auch in den Worterklärungen [309]), "ein riesiges Gens" (302, Übersetzerfehler), "die Omen" (171).

Übersetzungsfehler: "Meister Decius" (15; das englisch "master" meint hier: "Herr", wie im weiteren richtig wiedergegeben), "das Strigilis" (24), "den Capitol" (283). Generell fragwürdig, aber kein direkter Fehler ist die Verwendung von englischen Ausdrücken, die im Deutschen Fremdwörter sind: "Lunch" (143), "Timing" (163), "Flop" (194).

Am ersten Kapitel (bis 35) war ein Vergleich der Übersetzung mit dem Original möglich. Dabei fällt auf, daß mehrere ganze Sätze weggelassen sind (“These were permitted within the city proper”, 14; “He pointed ...”, 16; “I could hardly refuse him”, 17; “The tribunes had regained ...”, 32), ebenso einzelne Satzteile und Wörter (“within reason”, 21; “than as a body servant” und “the Capitol”, 22; “decaying”, 26; “and neither of whom would yield an inch”, 30; “when contending armies ...”, 31) und sogar ein ganzer Absatz über das tatsächlich erst von Augustus errichtete Milliarium aureum (25; ein analoger “Verbesserungsversuch” auch in einem anderen Roman). Selten sind dagegen Zusätze (“zivilisierten”, 25). Für “grooming” wäre “vorbereiten” wohl eine bessere Übersetzung als “umwerben” (33). Freilich hat der Übersetzer zumindest in einem Fall auch eine unklare Formulierung verbessert (“standing for next year’s Consulship”, “kandidiert im nächsten Jahr als Consul”, 17).

Druckfehler: "Jugend" (24, statt "Tugend"), "Cecilia" (36), "ein Baby ..., daß ... aussehen wird" (52). "Catalus" (59), "zurückdeligierte" (61), "catilinaischen" (73 und öfter; vielleicht also kein Druckfehler, sondern eine ungebräuchliche Wortform), "Consilium plebis" (153; richtig 301), "ein guten General" (154), "bei den ersten sich bietenden Gelegenheit" (186), "hyricanische" (242), "Grugi" als einer der Namen des Consuls von 61 v. (58). Die schon im Original verdruckte Namensform "Procius" (statt Porcius) ist von der deutschen Ausgabe getreulich übernommen worden (24).

Versehen: "Spanien" (135) statt Gallien als Ort, an dem Decius im vergangenen Jahr war.

Weitere Meinungen

Fred Mench, Classical world 88 (1994), Heft 1, auch bei http://www.stockton.edu/~roman/fiction/roberts.htm:

"... The puzzle, characters and background are all good; real historical characters do things they really did (as far as we know) and fictional characters and events are consistent with Roman history and society. A few minor points are doubtful, but none falsify essential Roman values or events ..."