Ferenc Móra

Aranykoporsó

Budapest : Genius, 1932
Dt. Übers.: Der goldene Sarg : Roman aus der Zeit des Kaisers Diokletian / [aus dem Ungar. übers. von Clemens von Walzel] . - 4. Aufl. - Budapest : Corvina-Verl., 1977.

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Inhalt

Antiochia oder das Buch der Politik

Im kaiserlichen Palast in Antiochia werden die Kammerjunker mit den Feinheiten der Hoftitulatur vertraut gemacht. Die dreijährige Prinzessin Fausta stört den Unterricht, bis sie von ihrem Verlobten, dem Princeps Constantin, gefunden wird. Der kaiserliche Astrologe Bion und sein Freund, der Rhetor Lactantius, unterhalten sich über das Christentum. Sie treffen Quintipor, einen jungen Magister memoriae, der früher Zögling Bions war. Wir erfahren, daß nach fast zwanzig Jahren der Herrschaft Diocletians ein Treffen der Kaiser in Antiochia bevorsteht. Der Caesar Constantius trifft ein und wird von seinem Sohn Constantin begrüßt.

Quintipor wird mit einer Botschaft zu Maxentius, dem Sohn des Augustus Maximian, geschickt. Er trifft dort Titanilla, die Tochter des Caesaren Galerius. Der unerfahrene Quintipor verliebt sich bei aller Schüchternheit allmählich in die Prinzessin.

Prisca, die Frau Diocletians, leidet unter Schwermut, aus Trauer um ihren als Kind gestorbenen Sohn. Bei ihr ist ihre Tochter Valeria, die unglücklich mit Galerius verheiratet ist (Titanilla ist eine Tochter aus einer früheren Ehe des Galerius). Der christliche Arzt Pantaleon schafft es, Prisca in bessere Stimmung zu bringen.

Diocletian reist auf dem Landweg durch Kleinasien nach Antiochia. Er trifft in Pessinus mit Maximian zusammen; in Antiochia werden die beiden Augusti feierlich empfangen. Diocletian bestellt den Gärtner Quintus und dessen Sohn Quintipor zu sich; er ernennt Quintipor zu seinem Geheimschreiber. Nur Bion kennt Diocletians Grund dafür: Quintipor ist in Wirklichkeit der Sohn des Kaisers, den Diocletian aufgrund eines Orakelspruchs für tot ausgegeben hat, damit er in seinem 20. Jahr den Purpur übernehmen könne. Noch ist es nicht so weit, und Quintipor darf von seiner Herkunft noch nichts wissen, soll aber allmählich an die Herrschaft herangeführt werden.

Nach einem Gelage mit den Familien des Maximian und des Galerius besucht Constantin heimlich seine Mutter Helena; er wird vom christlichen Bischof mit Minervina (dem Kindermädchen seiner offiziellen Verlobten Fausta) getraut. Galerius berichtet Titanilla von seiner Demütigung durch Diocletian nach seiner Niederlage gegen die Perser.

Bei einer Sitzung des Konsistoriums kommen die Finanzprobleme des Reiches zur Sprache sowie die zunehmende Zahl der Christen. Diocletian ordnet an, die Christen zu zählen, insgeheim in der Absicht, das Christentum als Stütze des Reiches zu fördern. Die Religion kommt denn auch prompt in Mode; bei einem gemeinsamen Ausflug in die Stadt kaufen Quintipor und Titanilla außer Amuletten auch Kreuze, wie zahllose andere Menschen auch. Der Prediger (?) Ammonius versucht allerdings, die christliche Gemeinde in Antiochia gegen die Obrigkeit aufzuwiegeln.

Den Fortgang der Ereignisse berichtet einige Monate später ein Brief des Lactantius an Bion: Ein Brand im Palast von Nikomedia hätte Diocletian getötet, wenn ihn Quintipor nicht unter Einsatz seines eigenen Lebens gerettet hätte. Als Brandstifter wurden die Christen genannt, und es gab erste gegen die Christen gerichtete Edikte.

Alexandria oder das Buch des Glaubens

Quintipor ist mit dem Hof in Alexandria; seine Liebe zu Titanilla ist noch stärker geworden. Bion und Lactantius besichtigen im Mouseion unter anderem den Sarg Alexanders des Großen. Diocletian wird von Galerius zu weiteren Maßnahmen gegen die Christen gedrängt. Nach einem Erdbeben wird die Christenverfolgung intensiviert; Galerius läßt den Arzt Pantaleon hinrichten.

Diocletian reist incognito, nur in Begleitung von Titanilla und Quintipor, durch Ägypten. Aus einem Sandsturm werden sie von einem christlichen Eremiten gerettet, der sie später freilich zu töten versucht. Die Christenverfolgung gerät ins Stocken, weil die Kaiserin Prisca dem Christentum zuneigt. Der erregte Diocletian verrät beim Versuch, sie zum Opfern an die alten Götter zu zwingen, daß ihr Sohn noch lebt. Prisca sieht darin einen Wink der Götter und wendet sich vom Christentum ab. In der christlichen Gemeinde Alexandrias, der nun die schützende Hand der Kaiserin fehlt, übernimmt der vom Saulus zum Paulus gewandelte Lactantius eine führende Rolle.

Diocletian plant die letzte Phase seiner Herrschaft: Er will in Rom den Triumph feiern und Quintipor mit einer persischen Prinzessin verheiraten. Vorerst aber schickt er seinen Sohn (der immer noch als kaiserlicher Sklave gilt) mit Titanilla nach Baiae.

Bajae oder das Buch der Liebe

Dort erleben die beiden Liebenden ihre glücklichste Zeit, auch wenn sie sich zuerst nur heimlich treffen können. Als Constantius und sein Sohn zu Besuch kommen, fällt ihnen eine Ähnlichkeit zwischen dem Sklaven Quintipor und seiner Herrin, der Kaiserin, auf. Vor allem aber berichten sie Prisca von den grausamen Christenverfolgungen, die überall im Reich im Gange sind. Die Kaiserin reist erschüttert ab, und Titanilla und Quintipor bleiben allein in Baiae zurück. Sie machen einen Ausflug nach Puteoli und besuchen eine Schenke, in der sie erfahren, wie die Reliquien christlicher Märtyrer beim Volk als Wundermittel gelten.

Bei einer Wanderung durch einen Wald, wo sie ein Heiligtum finden, geraten sie in einen schweren Regenschauer. Quintipor ist eifersüchtig, ohne recht zu wissen, auf wen. Titanilla erkrankt, und die Liebenden müssen sich trennen: Quintipor wird freigelassen und zieht als Ritter nach Rom; Titanilla soll die Frau des Maxentius werden.

Rom oder das Buch des Blutes

Maxentius hat, obwohl inzwischen mit Titanilla verheiratet, eine Affäre mit der persischen Prinzessin Hormizda, die von Diocletian seinem Sohn zugedacht ist und im selben Palast in Rom wohnt wie Quintipor. Bion soll für den Kaiser über die beiden wachen. Sein Freund Lactantius ist unterdessen der geheime geistige Führer der Christen Roms. Als sich der berühmte Schauspieler Genesius im Theater öffentlich zum Christentum bekennt, setzt er eine neue Welle der Verfolgung in Gang.

Quintipor bekommt Besuch von Trulla, der ehemaligen Amme und Vertrauten Titanillas, die berichtet, wie unglücklich diese jetzt ist. Quintipor faßt einen folgenschweren Entschluß: Er sucht den Juden Benoni auf, den er bereits aus Antiochia kennt, erteilt ihm bestimmte Anweisungen und meldet sich dann freiwillig als Christ zum Martyrium.

Nikomedia oder das Buch des Schicksals

In Nikomedia stirbt Titanilla an der Lungenentzündung, die sie sich auf der Regenwanderung in Baiae zugezogen hat. Benoni sollte die Leiche Quintipors zu Titanilla bringen. Als Diocletian sieht, daß er den Tod seines Sohns durch die Christenverfolgung selbst verschuldet hat, dankt er gebrochen ab, so daß Galerius und Maximian ihren lange gehegten Putschplan nicht durchzuführen brauchen.

Salona oder das Buch des Trostes

Während der Herrschaft Constantins schreibt Bion an Lactantius: Diocletian ist nach Jahren zurückgezogenen Lebens gestorben und in Rom mit göttlichen Ehren bestattet worden. Sein goldener Sarg versinnbildlicht aber das Ende einer Epoche.

Bewertung

Ein weitausgreifendes Zeitpanorama der letzten Jahre der ersten Tetrarchie. Für einen nicht vorgebildeten Leser mag es schwierig sein, sich unter den zahlreichen Personen zurechtzufinden, zumal das kurze "Verzeichnis der wichtigsten historischen Persönlichkeiten" im Anhang ihn eher im Stich läßt (es führt nur die Angehörigen des Kaiserhauses auf, aber nicht Lactantius). Die beiden Identifikationsfiguren Quintipor und Titanilla sind aber deutlich herausgehoben. Ihre unglückliche Liebesgeschichte hinterläßt beim Leser den stärksten Eindruck, auch wenn es sich hier im Gegensatz zu vielen anderen Teilen der Handlung um eine fiktive Episode handelt.

Móra läßt Diocletian zunächst mit den Christentums sympathisieren, bevor er teilweise unter dem Einfluß anderer doch zum Vertreter der alten Ordnung wird. Die Schilderung der Christenverfolgung ist recht konventionell.

Hinzuweisen wäre noch auf den Aufbau des Buches: die sechs Kapitel nehmen in der Länge ab (von 170 bis viereinhalb Seiten).

Weitere Meinung

Maria Dorninger, "Granatblüte und oder über eine mögliche Funktion des Kitsch", http://www.aurora-magazin.at/medien_kultur/dorninger_gran.htm:

"... Vieles kann an diesem Roman ausgesetzt werden, er hat Längen, seine Gestalten sind zu typenhaft gezeichnet, der zeitliche Kontext wird nicht gut ausgearbeitet, vieles bleibt nur angedeutet, klischee- und schemenhaft, manches wird geradezu verwirrend präsentiert ...
Was jedoch den Roman spannend macht, ist die Liebesgeschichte zwischen dem Palastsklaven Quintipor und der Caesarentochter Titanilla, die sich scheu und zaghaft entwickelt und deren Entfaltung in einer oft erfrischenden harmlosen und romantischen Weise gezeigt wird ...
Es bleibt, wenn auch kein grosser Roman in Erinnerung, so doch eine Liebesgeschichte, die wohl tragisch, jedoch auch ideal endet und dem Leser literarisch versichert, dass es so etwas wie die grosse, tragische Liebe gibt. ..."