Anne de Leseleuc

Les vacances de Marcus Aper

Paris : Éd. 10/18, 1992 (Nachdr. 1998)

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Inhalt

Der Advokat Marcus Aper reist nach einem Gastmahl mit seinen Freunden Maternus und Messalla aus Rom zum Urlaub in seine gallische Heimat.

[24. Juli 74 n. Chr.] Bei der Ankunft auf dem Anwesen seines Jugendfreundes Quintus Sollem bei Augustodunum findet Aper dort den toten Sklaven Tritos vor. Wie er schnell herausfindet, wurde Tritos, der über ein geheimes Vermögen verfügte, vergiftet. Sollem will davon aber nichts wissen und den Mord möglichst unter der Decke halten. Aper lernt die Familie seines Freundes kennen: Caecilia, die zweite Frau des Vaters von Sollems Frau Regina; ihren Sohn aus erster Ehe, Secundinus; die zarte und vermögende Regina, die glaubt, daß jemand es auf ihr Leben abgesehen hat; die junge Memna, angeblich Tochter einer Dienerin Caecilias. Diese Alte überrascht Aper in der Wohnung des Toten; sie gibt an, daß Tritos einen Halsring von Memnas unbekanntem Vater unterschlagen hat, den sie zurückholen will.

Regina wird verletzt, als sie über eine angesägte Treppenstufe stolpert. Ihr Mann redet ihr zu, ein Testament zugunsten von Secundinus aufzusetzen. Aper horcht einen Barbier über den Gegensatz zwischen Sollem und seinem örtlichen Rivalen Eporedorix aus; beide sind die Duumvirn von Augustodunum und wollen Provinzialflamen werden. Außerdem erfährt er, daß die alte Dienerin kurz nach ihrer Begegnung bei einem angeblichen Unfall getötet wurde, offenbar ebenfalls ein Anschlag. Danach sucht Aper Eporedorix auf, von dem er erfährt, daß Sollem ein Verhältnis mit Memna hat, deren Mutter aber nicht die alte Dienerin war. Beim abendlichen Mahl trifft Aper den Aedil Castric, der die Todesfälle, wohl auf Wunsch Sollems, nicht sehr sorgfältig untersucht.

[25. Juli] Am nächsten Tag veranstaltet Sollem eine große Jagd. Dabei belauscht Aper Memna, die sich im Wald mit einem Druiden trifft, dem Vater des Tritos, von dem sie vergeblich den Namen ihres Vaters erfahren will. Nach der Jagd stellt Aper Sollem über die Vorgänge zur Rede, der behauptet, alles werde sich aufklären, wenn der Vater Memnas bekannt sei. Aper will verärgert abreisen, läßt sich von Regina aber umstimmen, die um seine Hilfe bittet. Später kehrt Sollem zurück, der zum Kandidaten für das Flaminat gewählt wurde und ein Fest veranstaltet, bei dem kurzzeitig auch der unterlegene Eporedorix mit seinem Sohn Bolvo erscheint. Von seinem Sklaven Nestor erfährt Aper, daß Bolvo auch bei einer heimlichen Kultfeier gewesen ist, bei der der Druide als Sühne für Tritos' Tod das Blut des Gladiators Xantos gefordert hat.

[26. Juli] Am nächsten Morgen sollen die viertägigen Gladiatorenspiele beginnen, die Sollem anläßlich seiner Wahl versprochen hat. Aper und Nestor bemühen sich, einem Anschlag auf Xantos zuvorzukommen. Aper gelingt es in letzter Minute, Bolvo, der sich als Masseur ausgibt, daran zu hindern, den Gladiator zu vergiften. Sollem bittet Aper, nach der verschwundenen Memna zu suchen. Mit Nestor macht er sich auf den Weg zur Hütte des Druiden, den sie zusammen mit zwei seiner Helfershelfer überwältigen können. Aper findet weitere vergiftete Dornen, aber nicht den Halsring. Er reitet los, um den Aedilen zu holen, verirrt sich aber im Wald und findet in einer Schäferhütte die verletzte Memna; sie ist in einem Hinterhalt vom Pferd gestürzt, den der Druide gegen die von Memna angedrohte Verfolgung gelegt hat.

Der Aedil ist wenig erfreut, schon wieder mit Aper zu tun zu bekommen, und läßt ihn nicht zum vorläufig eingesperrten Bolvo. Aper besucht den Massalier Moisos, bei dem Tritos Geld deponiert hat; vorher hatte er bei ihm zeitweise den Halsring versetzt. Auf Rat Apers läßt Sollem seine Geliebte Memna heimlich aus der Hütte fortschaffen.

[27. Juli] Beim Aufwachen hört Aper, wie Sollem und Eporedorix sich streiten. Während die ganze Stadt wieder ins Amphitheater geht, beschließt Aper, mit Nestor das Haus des Eporedorix zu durchsuchen. Im Zimmer Bolvos finden sie tatsächlich den torques, der als Geschenk für Memna gedacht war und den Namen des Eporedorix trägt. Aper geht zum Amphitheater, wo Eporedorix mit ihm sprechen will und ihn mit zu sich nach Hause nimmt. Eporedorix bestreitet, der Vater Memnas zu sein und mit dem Mord an Tritos etwas zu tun zu haben. Er gibt Aper die Erlaubnis, seinen Sohn als Anwalt im Gefängnis zu besuchen, und Aper akzeptiert unter der Voraussetzung, daß Bolvo keinen Mord begangen hat.

Der Aedil ist wenig erfreut, Aper schon wieder zu sehen, läßt ihn aber zum Gefangenen. Bolvo geht auf Aper los, als dieser den Halsring erwähnt. Am Abend, vor einem weiteren großen Fest, erzählt Regina Aper, daß sie längst von dem Verhältnis zwischen ihrem Mann und Memna weiß.

[28. Juli] Bolvo läßt Aper am nächsten Morgen zu sich kommen und berichtet, daß er den torques bei seinem Vater gefunden hat. Aper geht wieder zum Amphitheater und stellt Eporedorix wegen des Halsrings zur Rede. Der Duumvir leugnet ab und zeigt sich überrascht, als Aper ihm den torques in Bolvos Kammer zeigt. Auch von der Widmung an Memna will Eporedorix nichts gewußt haben. Aper unterhält sich mit Eporedorix' Frau Calpurnia und veranlaßt die Freilassung Bolvos. Er stellt Vater und Sohn noch einmal zur Rede, ohne aber Neues zu erfahren. Bei der Rückkehr zur Villa Sollems bemerkt er, wie Regina sich von einem heimlichen Besucher verabschiedet - Bolvo!

[29. Juli] Aper beobachtet, wie Regina sich am nächsten Morgen wieder heimlich mit Bolvo trifft, und stellt sie zur Rede. Sie gibt an, daß sie beide ein Interesse daran haben, daß Memna nicht den torques erhält, der ihre edle Abstammung beweisen würde: Regina, weil Sollem sie dann verlassen würde, und Bolvo, weil Memna als Halbschwester seines Vaters ihm Teile seines Erbes streitig machen würde. Sie bestreitet, daß Bolvo etwas mit den Morden zu tun hat.

Aper sucht den Druiden im Kerker auf, der angibt, daß Memnas Mutter die blutjunge Calpurnia war (Memna ist also Halbschwester zugleich von Eporedorix und Bolvo). Trotz aller neuen Informationen ist Aper dem Täter immer noch nicht nähergekommen und erreicht das Amphitheater gerade rechtzeitig zum abschließenden Kampf von Xantos, der wie immer siegreich bleibt. Danach wird überraschend der Druide wilden Tieren zur Hinrichtung vorgeworfen; Aper ist bestürzt. Bei der Rückkehr zum Anwesen beobachtet er, wie sich Caecilia heimlich mit Xantos trifft. Der hochgestimmte Sollem fordert Aper auf, ihn zu seiner endgültigen Wahl nach Lugdunum zu begleiten.

[30. Juli] Die beiden brechen am nächsten Morgen nach Cabillonum auf, um von dort zu Schiff nach Lugdunum weiterzureisen. Sollem will die ganzen Vorfälle möglichst auf sich beruhen lassen, um einen Skandal zu vermeiden. Beim Schiffer Blussus in Cabillonum erwarten sie Memna anzutreffen, doch sie ist schon nach Augustodunum zurückgereist.

In Lugdunum suchen die beiden die Villa ihres Freundes Rufus auf, der eine schreckliche Nachricht hat: Regina wurde erstochen aufgefunden; weil auch das Gerücht umläuft, daß Sollem eine Geliebte hat, ist seine Wahl zum Flamen unmöglich geworden. Sollem und Aper eilen zu Pferd nach Augustodunum zurück; Aper wirft Sollem vor, mit dem Tod seiner Frau zu tun zu haben.

[1. August] Regina ist mit einem Jagdmesser erstochen worden, das Aper als das Memnas erkennt. Am Morgen der Tat hat Secundinus ein Schreiben Reginas zu einem Notar gebracht, in dem sie eine Änderung ihres Testaments ankündigte. Nach dem weiterhin gültigen Testament erbt allerdings Secundinus Reginas Vermögen. Der Aedil beschuldigt den jungen Mann, Memnas Dolch gestohlen und Regina ermordet zu haben. Secundinus leugnet ab und bittet Aper, ihn zu verteidigen, was dieser annimmt. Unterdessen hat Nestor im Auftrag Apers herausgefunden, daß Caecilia ihren Schmuck bei Moisos versetzt hat.

[2. August] Regina wird beigesetzt. Als der Aedil erscheint, um Secundinus festzunehmen, gesteht seine Mutter die Tat, doch offenbar nur, um ihn zu schützen. Aper schreibt an C. Furius Sabinus, den Statthalter der Lugdunensis, und bittet ihn, den Prozeß möglichst schnell abzuhalten. Maternus in Rom fragt er nach Informationen über Xantos.

[6. August[ Aper bereitet sich auf den Prozeß vor und nimmt Moisos die Juwelen Caecilias ab. Sollem ist verärgert, daß Aper Secundinus verteidigt.

[9. August] Aper reist nach Lugdunum ab und erfährt noch einige weitere Einzelheiten.

[11. August] Der Prozeß findet unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit statt. Sollem als Ankläger hat sich der Dienste des gallischen Advokaten Gabinianus versichert, der ein theatralisches Plädoyer vorträgt. Aper verzichtet auf eine eigene Rede und verläßt sich zur Verwunderung aller auf die Zeugen, besonders auf Caecilia, die sich dazu hinreißen läßt, ihr Geständnis zu wiederholen. Aper konfrontiert sie mit ihrem Schmuck und beschuldigt sie, mit dem dafür erhaltenen Geld einen Mörder gedungen zu haben - Xantos! Dieser ist als Zeuge geladen, und es stellt sich heraus, daß er einen Akaziendorn gekauft und in der Nacht des Mordes an Regina nach Augustodunum zurückgefahren ist. Xantos bestreitet aber die Morde, und Aper muß sich vom Statthalter ermahnen lassen, bei der Sache zu bleiben. Er ruft Bolvo als Zeugen und kann nachweisen, daß dieser niemals vorgehabt hat, Xantos zu töten (das Gift auf seinem Dorn war nicht tödlich). Bolvo sagt aus, daß er Xantos gesehen hat, wie er Tritos' Leiche in die Einfahrt von Sollem legte. Caecilia versichert, daß ihr Sohn unschuldig sei, sondern sie die Morde geplant und von Xantos hat ausführen lassen. Die beiden werden festgenommen, Secundinus freigelassen.

[12. August] Sollem ist in Begleitung von Aper nach Hause zurückgekehrt und bringt sich mit dem Gift um, das er seit längerem seiner Frau gegeben hat. Sterbend und in einem Abschiedsbrief gesteht er, den Tod Reginas gewünscht zu haben. Nun, nachdem er nicht mehr Flamen werden und auch nicht seine Geliebte Memna heiraten kann, hat das Leben seinen Sinn verloren. Er adoptiert testamentarisch Memna, die somit sein Vermögen erbt.

[15. Oktober] Zurück in Rom, berichtet Aper Maternus die ihn traurig stimmenden Ereignisse (Secundinus hat sein geerbtes Vermögen sicher bald verspielt, und Xantos wird bei seinem nächsten Arenakampf sterben).

Bewertung

Der erste Band dieser bisher einzigen französischen Serie von Römerkrimis (außer Übersetzungen englischer und italienischer Werke gibt es in dieser Sprache noch Neraudaus Le mystère du jardin Romain) führt als Detektiv den aus Tacitus' Dialogus de oratoribus bekannten Redner Marcus Aper ein, der in der Tat aus Gallien stammte; auch die Dialogpartner Maternus (wohl ebenfalls ein gebürtiger Gallier) und Messalla haben kurze Auftritte, und sogar Tacitus selbst wird als stummer Beobachter erwähnt (S. 10). Auch wenn die Thematik des Dialogs (der Zustand der Rednerkunst im Prinzipat) im Roman sonst keine Rolle spielt, erkennen wir in der etwas ungestümen und sich nicht so sehr auf die Kraft der Bildung als vielmehr auf seinen Augenschein vertrauenden Ermittlungsweise Apers die Persönlichkeit des Redners wieder, wie sie Tacitus charakterisiert.[[1]] Auch sein Gegenspieler Sex. Iulius Gabinianus wird im Dialogus erwähnt (26, 8).

Vielleicht ein wenig angelehnt an die rhetorischen Vorstellungen Apers, wirkt der Stil der Romans mitunter etwas abrupt. Es gibt kaum eine Nebenhandlung außer den eigentlichen Ermittlungen Apers, und viele Figuren bleiben etwas blaß. Trotzdem ergibt sich eine recht gute Schilderung des provinzialen Lebens in einer gallischen Civitas in flavischer Zeit. Dies gilt für Realien wie die Gladiatorenspiele oder die Organisation des Provinzialkultes ebenso wie für das immer wieder angesprochene Weiterleben keltischer Traditionen. Anne de Leseleuc betont, auch in ihrem ausführlichen Nachwort, eine solche starke Kontinuität auch in römischer ("gallo-römischer") Zeit, z. B. bei der Religion, mit der die Autorin sich auch wissenschaftlich beschäftigt hat. Nur ein paar Versehen fallen auf: Mißverständlich ist die Beschreibung des Legaten der Lugdunensis ("En togue bordée de rouge, il était chévalier et senateur romain", 172); es gab keine "sesterces d'or" (185), und welches antike Musikinstrument als "viola" (78) bezeichnet wird, ist mir nicht klar.

Den insgesamt positiven Eindruck, den der Roman in historischer Hinsicht macht, stellt allerdings die Einbandgestaltung durch den Verlag ein wenig in Frage, wenn im Klappentext von "nos ancêtres les Gaulois" die Rede ist und Aper als "lontain cousin d'Astérix" bezeichnet wird. Auch das Umschlagbild mit einem nach nackten Sklavinnen lüstenden Keltenführer Brennus paßt kaum zur Handlung, aber solche Mißgriffe ist man auch von deutschen Verlagen gewohnt, wie ein Blick auf die Taschenbuchausgaben der Romane von Lindsey Davis, Steven Saylor oder John M. Roberts zeigt.

Als Krimi ist das Werk ganz annehmbar, trotz der verwickelten Familienverhältnisse, die einen Überblick etwas erschweren. (Sie sind aber keineswegs unrealistisch, wie jeder bestätigen wird, der sich mit römischer Prosopographie und Epigraphik beschäftigt hat.)

Anmerkung

[[1]] Dial. 2, 2: Aper omni eruditione imbutus contemnebat potius litteras quam nesciebat, tamquam maiorem industriae et laboris gloriam habiturus, si ingenium eius nullius alienarum artium adminiculis inniti videretur ("der allseitig gebildete Aper verachtete eher die Wissenschaften, als daß er nicht mit ihnen vertraut war, so als würde er einen größeren Ruhm für Fleiß und Anstrengung ernten, wenn sich seine Begabung nicht auf die Krücken fremder Kenntnisse zu stützen schiene" [Übersetzung: Gugel/Klose]). [zurück]