Caroline Lawrence

The thieves of Ostia

London : Orion, 2001; Taschenbuch London : Dolphin, 2002.

(Zur Inhaltsangabe)

Bewertung

Das Kinderbuch, der erste Band einer auf insgesamt 18 angelegten Serie, erscheint zeitweilig etwas idyllisch in der Schilderung der sozialen Verhältnisse in römischer Zeit, weist aber deutlich auf die negativen Seiten der Sklaverei hin. Beate Kissel, Junos Rache, ist vielleicht etwas realistischer bei der Schilderung des Verhältnisses zwischen einer jungen Herrin und ihren Sklavinnen als hier Flavia Gemina und Nubia; Nubia wird praktisch nicht als Sklavin, sondern als Spielgefährtin Flavias angesehen und darf als Gast an den Feiern teilnehmen, während Alma bedient. Aber dies dürfte nicht zuletzt der angepeilten Zielgruppe von etwa zehnjährigen Kindern geschuldet sein, denen man über eine spannende, wenn auch nicht übermäßig komplizierte Geschichte einiges an Wissen vermitteln kann. Und zum Nachdenken gibt es auch über die Krimi-Handlung hinaus noch genug, denn das Schicksal eines Straßenjungen wie Lupus legt natürlich moderne Parallelen nahe, und auch Antisemitismus wird wie nebenbei erwähnt.

Insgesamt ist das Buch sonst sehr zuverlässig in den historischen Einzelheiten. Hervorzuheben ist die Wahl von Ostia als Schauplatz, wo bisher selten ein historischer Roman gespielt hat, obwohl es sich durch die ausgedehnten Ausgrabungen gut dafür eignet.

Ein paar Dinge sind auffällig, so die zahlreichen sprechenden Namen (Aurarius für einen Goldschmied, Venalicius für einen Sklavenhändler, Libertus für einen Freigelassenen). Die Bezeichnung »doctor« für einen Arzt ist streng genommen anachronistisch. Auch die Reise des Geminus nach Griechenland in zwei Wochen (S. 44) erscheint für antike Verhältnisse zu kurz.

Der Kriminalfall ist recht simpel und für einen erwachsenen Leser schnell durchschaubar.

Die Eignung als Kinderbuch dürfte, wie gesagt, durchaus gegeben sein, kann hier aber nicht abschließend beurteilt werden. Das Buch wirkt im wesentlichen wie ein in heutiger Zeit spielender Kinderkrimi (Enid Blyton oder die »drei Fragezeichen«), auch mit den ständigen Spannungshöhepunkten am Kapitelende. Bei der angestrebten Leserschaft findet die Reihe jedenfalls durchaus Anklang, wie die zahlreichen Auftritte der Autorin vor (zumeist lateinlernenden) Schulklassen und die auf ihrer Website (http://www.romanmysteries.com/) dokumentierte Fanpost zeigen.

Weitere Meinungen

Zur gesamten Serie von Caroline Lawrence enthält die Website der Autorin (http://www.romanmysteries.com/) weitere Informationen wie Leseproben, Pläne und Hintergrundinformationen.
Ein ausführliches Interview (http://www.ostia-antica.org/biblio/pages/lawrence.htm) findet sich auf einer Website, die weitere Informationen zum antiken Ostia enthält (http://www.ostia-antica.org/).

Simon Puttock (http://www.jubileebooks.co.uk/jubilee/magazine/review_jub/03/09f.asp; zuletzt überprüft 14. Jan. 2004):

»[...] Ancient Ostia [...] is so wonderfully described, with such perfect throwaway detail, that you’d think Ms Lawrence was watching it all unfold from her kitchen window as she wrote. And the whole book, despite the odd missing tongue and decapitated dog, reads like a great, rainy day detective adventure. [...]«

Im wesentlichen mit meiner übereinstimmend die Bewertung von Mary S. Moffat (http://www.marysmoffat.co.uk/bibliography/tosix/rommys.html; zuletzt überprüft 7. Juli 2007):

»This book tends to paint a pleasant picture of Ancient Rome. The darker side is there -- in the characters of Nubia and Lupus and in the living conditions of the widow of Avitus. But it in the comfortable lifestyles of Flavia and Jonathan which are brought to the front.

Nevertheless this is a well researched book with a detailed and authentic background which still moves at a rapid and exciting pace. It is a book which should appeal to animal lovers as well as history fans.«

Juliette Harrisson (http://popclassicsjg.blogspot.de/2012/12/the-roman-mysteries-thieves-of-ostia.html; zuletzt überprüft 15. Dezember 2012)

„It's hard to view this book as a stand-alone volume when you've read most of the rest of the series, but even allowing for that, there's a clear sequel hook at the end. Captain Geminus sends his children off to Pompeii where he believes they will be safer - and only the youngest children will be unaware that this may not turn out to be his best plan! But that isn't meant to imply that this book isn't a satisfying read in itself, as it certainly is. (It even finishes with a little homage to classic Scooby-Doo, the villain all but claiming that he would have got away with it if it weren't for those pesky kids). The Thieves of Ostia is the Roman Mysteries equivalent of the origin movie, and as everyone knows, origin movies are great fun and intriguing in themselves, even if the makers have put the most highly anticipated adventures in their back pocket for the sequel.“

John K. Fulton (http://www.chimneyrabbit.com/?p=578; zuletzt überprüft 16. August 2015)

„The story cracks along at a great pace, with plenty of thrills and peril to keep you entertained. There’s a lot of historical detail, too, which makes the setting really come alive. None of it is dry or lecturing, though – it’s not a history book, it’s a thrilling story that happens to be set in ancient times.“

Inhalt

1. [Ostia, 13. Juni 79] Flavia Gemina, die Tochter eines Kapitäns aus Ostia, hilft ihrem Vater bei der Suche nach seinem verschwundenen Siegel. Sie findet heraus, daß es eine Elster gestohlen hat, und folgt dem Vogel bis zu dessen Nest in einem Baum im Gräberbereich außerhalb der Stadtmauer. Dort finden sich außer dem Siegel noch weitere Schmuckgegenstände.

2. Weil am Fuß des Baumes streunende Hunde lauern, traut sich Flavia nicht herunter und ruft um Hilfe. Ein Junge hilft ihr, indem er die Hunde vertreibt und sie trotz eines verknacksten Knöchels in die Stadt zurückbringt. Es ist Jonathan, der Sohn von Flavias neuem Nachbarn, dem jüdischen Arzt Mordecai.

3. Drei Tage später, an ihrem Geburtstag, darf Flavia den gefundenen Schmuck verkaufen. Unterwegs begegnet ihr und ihrem Vater eine Kolonne von afrikanischen Sklavinnen. Besonders der Anblick eines Sklavenmädchens ungefähr in ihrem Alter erschüttert Flavia so sehr, daß sie mit ihrem Geld keine Vergilausgabe, sondern das Mädchen kaufen will. Ihr Vater hilft ihr dabei und legt hundert Sesterzen dazu, die der Sklavenhändler Venalicius über den ausgeschriebenen Preis hinaus haben will.

4. Das Mädchen Nubia kann kein Latein und nur wenig Griechisch, so fällt die Verständigung zunächst etwas schwer. Am Abend gibt Flavia ein Festmahl, zu dem sie ihre Nachbarn, Mordecai, Jonathan und dessen Schwester Miriam, eingeladen hat; auch Nubia darf teilnehmen. Mordecai schenkt Flavia eine Aeneis-Ausgabe.

5. Es gibt noch etwas Aufregung, als Nubia auf einmal verschwunden ist, doch hat sie sich nur mit dem Haushund Scuto zurückgezogen.

Ein paar Tage später bricht Flavias Vater mit seinem Geschäftsfreund Cordius zu einer Reise nach Griechenland auf. Flavia und ihre Freunde begleiten ihn zum Hafen.

6. Bei der Rückkehr entdecken sie, daß jemand den Hund der jüdischen Familie getötet und seinen Kopf mitgenommen hat. Niemand kann sich erklären, wer dahinterstecken könnte (auch wenn Jonathan berichtet, daß ihre früheren Nachbarn etwas gegen sie als Juden hatten). Die drei Freunde wollen die Tat aufklären und erfahren von Libertus, dem Freigelassenen des Cordius, daß er einen Mann mit einer Tasche eilig in Richtung der Gräber hat laufen sehen. Also machen sie sich mit Scuto auf in die Nekropole.

7. Ein weinender Mann, der offenbar etwas gegen Hunde hat, jagt sie fort. Sie finden heraus, daß er Avitus heißt und ganz in der Nähe wohnt; seit vor einigen Wochen seine Tochter am Biß eines tollwütigen Hundes gestorben ist, trauert er sehr um sie.

Die wilden Hunde erscheinen wieder in der Nekropole.

8. Mordecai streckt zwei von ihnen mit dem Bogen nieder. Die restlichen Hunde flüchten. Sie haben einen Jungen auf einem Baum umlagert, der erst nicht wieder auf den Boden kommen will, bis er abstürzt. Mordecai versorgt ihn. Als der Junge nicht spricht, findet er heraus, daß er keine Zunge mehr hat.

9. Der Junge kann aber deutlich machen, daß er Lupus heißt. Er lebt als Bettler auf der Straße und darf über Nacht bleiben.

Am nächsten Morgen überlegen die Kinder, wie sie bei der Jagd nach dem Täter vorgehen sollen.

10. Auch Lupus kennt Avitus (und zeichnet sogar ein Porträt von ihm); hat er den Hund getötet? Flavia und Nubia gehen zu Libertus, um ihm das Bild zu zeigen; er erkennt den Mann wieder, der an ihm vorbeigelaufen ist. Mordecai ist unterwegs, um offizielle Stellen zu Nachforschungen zu bewegen, doch die Kinder wollen weiter auf eigene Faust ermitteln.

11. Flavia beschließt, zusammen mit Lupus (der vorher gebadet wird) das Haus von Avitus aufzusuchen. Sie gibt sich als frühere Spielgefährtin der toten Tochter aus und wird von der Mutter in deren Zimmer gebracht, bis der wütende Avitus erscheint.

12. Avitus verdeckt mit seinem Zornesausbruch, daß er sich schuldig am Tod seiner Tochter fühlt. Jonathan und Nubia haben inzwischen bemerkt, daß der abgetrennte Kopf eines der Hunde, die Mordecai getötet hat, verschwunden ist. Lupus, wieder als Bettler getarnt, soll Avitus’ Haus überwachen.

13. Die beiden Mädchen und Jonathan gehen zum Hafen, wo Flavia bei Bekannten ihres Vaters Erkundigungen über Avitus anstellen will, der auch Kapitän ist. Was sie erfahren, spricht eher gegen seine Täterschaft. Als die drei wieder nach Hause wollen, müssen sie vor Venalicius’ Sklavenfängern fliehen.

14. Lupus kann Avitus unbemerkt durch die ganze Stadt folgen, erst zu einer Wahrsagerin, dann von Kneipe zu Kneipe, wo Avitus sich vollaufen läßt. In der letzten Taverne hört Lupus, wie ein junger Mann von einem Schatz im Haus des Flavius Geminus spricht.

15. Jonathan will sich mit den beiden Mädchen in die am Hafen gelegene Synagoge retten. Dies gelingt ihnen auch in letzter Minute; beim Erscheinen des Rabbis flüchten Venalicius’ Leute. Doch auch die Kinder müssen wieder gehen, denn Jonathans Familie ist in der Synagoge nicht mehr willkommen. Wie sich herausstellt, sind sie zum Glauben der Christen übergetreten.

16. Avitus wird schlecht, als er die Kneipe verläßt, und er macht sich auf zum Leuchtturm von Ostia.

Die drei anderen Kinder begegnen auf dem Rückweg wieder den wilden Hunden, doch stellen diese sich als harmlos heraus, solange man mit ihnen Stöckchenwerfen spielt.

Lupus wird von Wachen daran gehindert, Avitus auf den Leuchtturm zu folgen, und muß so mit ansehen, wie der trauernde Vater auf die oberste Plattform steigt.

17. Nubia singt den Hunden ein beruhigendes Lied aus ihrer Heimat.

Lupus muß zusehen, wie sich Avitus zu Tode stürzt.

Die drei anderen können endlich in die Stadt zurückkehren, wo sie große Aufregung beim Haus des Cordius bemerken: Libertus berichtet, daß man auch seinen Hund getötet hat. Er ist überzeugt, daß es ebenfalls Avitus war. Auch Mordecai kehrt zurück, der bei den Amtsträgern wenig erreicht hat.

18. Später erscheint auch Lupus, der seine Erlebnisse pantomimisch berichtet. Damit ist klar, daß Avitus nicht der Täter sein kann.

Lupus bleibt diese Nacht im Haus von Geminus. Flavia kann nicht einschlafen und denkt über den Fall nach.

19. In der Nacht gibt es große Aufregung, als man Lupus im Vorratsraum entdeckt, wo er einige Goldmünzen an sich genommen hat. Flavia ist überrascht, daß dort ein Schatz aufbewahrt wird, offensichtlich das Vermögen von Cordius. Flavia ist jetzt überzeugt, den Fall gelöst zu haben, und läßt sich von Lupus den jungen Mann malen, der von dem Schatz gesprochen hat.

Noch eine weitere Überraschung gibt es in der Nacht: vor dem Haus von Geminus werden die drei verschwundenen Hundeköpfe auf einen Dreizack gespießt.

20. Flavia fällt in Ohnmacht und wird von Mordecai behandelt. Sie hat einen Plan, um dem Täter eine Falle zu stellen: die beiden Familien geben vor, von den Ereignissen eingeschüchtert zu sein und die Stadt zeitweilig zu verlassen. Heimlich kehren Mordecai, Jonathan und Flavia mit einem städtischen Beamten zum Hintereingang zurück und überraschen einen Eindringling, der sich am versteckten Schatz zu schaffen macht. Es ist Libertus, der anders nicht mit seinen Spielschulden fertig werden konnte. Den Hund der jüdischen Familie hat er umgebracht, um unbemerkt ins Nachbarhaus einsteigen zu können, wohin Cordius sein Vermögen gebracht hatte; später kam ihm die Idee, die Hundeköpfe zur Einschüchterung zu benutzen.

21. Einige Zeit später, nach dem Tod des Kaisers Vespasian und der Rückkehr von Flavias Vater, gibt es ein Gastmahl für alle Beteiligten. Auch Lupus ist wieder dabei, dem man auf Raten des Christen Mordecai seinen Diebstahlsversuch verzeiht. Cordius belohnt die vier Kinder mit jeweils einem Goldstück.

22. Flavia erzählt, wie sie auf die Lösung gekommen ist. Nubia bringt von den verwilderten Hunden zwei Welpen, einen für sich und einen für Jonathan. Geminus schlägt vor, daß während seiner nächsten Reise alle an den Golf von Neapel fahren, wo sein Bruder bei Pompeii eine Villa hat.

Erste Veröffentlichung: 24. Oktober 2004.
23. Dezember 2005: Tippfehler, kleine stilistische Korrektur.
7. Juli 2007: Besprechung von Moffat ergänzt, Reihenfolge umgestellt.
15. Dezember 2012: Besprechung von Harrisson ergänzt.
16. August 2015: Besprechung von Fulton ergänzt.