Brenda Jagger

Daughter of Aphrodite

London : Constable, 1981
dt. Übers.: Aphrodites Tochter : Roman. – München : Knaur, 1988

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Inhalt

Die Tänzerin und Kurtisane Danae erzählt ihr Leben in der Zeit zwischen dem Tod des Germanicus und dem Sturz des Seianus. Sie hat sich aus einfachsten Verhältnissen heraufgearbeitet und schafft es sogar, durch die Vermittlung des Seianus (für den sie spionieren soll) die Geliebte des Kaisersohnes Drusus zu werden. Sie bleibt dies mehrere Jahre lang und empfindet schließlich echte Liebe zu Drusus, bis dieser an einer langwierigen Krankheit stirbt.

Danae setzt ihr Leben als eine der wichtigsten Gestalten der römischen Halbwelt fort und bleibt in ständiger Verbindung mit dem immer wichtiger werdenden Seianus. Ihre eigene Familie macht ihr manche Sorgen: ihr älterer Bruder Dion, ein gefeierter Wagenlenker, stürzt bei einem Rennen schwer und verliert ein Bein; der jüngere Bruder Paris, der eigentlich Dichter werden sollte, steht als Lohnschreiber heimlich im Dienst Seians und verleumdet in dessen Auftrag Agrippina und ihre Familie, aber auch den Kaiser Tiberius. Danaes jüngere Schwester Marpessa, die sie so lange wie möglich behüten wollte, trennt sich eines Tages von ihr und zieht ausgerechnet mit dem berühmten Wagenlenker Marsyas zusammen, zu dem Danae selbst sich hingezogen fühlt. Auch Marsyas liebt Danae, doch noch können die beiden nicht zueinander finden. Marpessa wird zu einer Lebedame wie ihre Schwester, mit der sie nicht mehr spricht.

Danae erlebt den allmählichen Machtkampf im Kaiserhaus: Seian hat ein Verhältnis mit Livilla, der Witwe des Drusus, steht aber immer noch in enger Verbindung mit seiner geschiedenen Frau Apicata (die beiden treffen sich des öfteren in Danaes Sommerhaus in Baiae). Agrippina und ihre beiden älteren Söhne werden schließlich auf Betreiben Seians beseitigt. Als eines Tages Lygdus, ein Freigelassener des Drusus, mit dem Danae befreundet ist, in ihrem Haus von Praetorianern abgeholt wird, kommt Danae auf die Spur einer Verschwörung: Apicata, der Praetorianeroffizier Macro und der überlebende Germanicus-Sohn Caligula haben Seianus bei Tiberius als Mörder des Drusus beschuldigt (es bleibt unklar, wie weit er wirklich darin verwickelt war, daß Livilla ihren Mann vergiftet hat). Apicata befürchtet nämlich, daß Seian sie jetzt endgültig für eine Ehe mit Drusus' Tochter verlassen könnte. Caligula verhindert, daß Apicata Danae als Mitwisserin töten läßt. Er bringt sie in ein Landhaus, wo sie mit Tiberius zusammentrifft.

Wieder in Rom, erlebt Danae die Hinrichtung des Seianus und die Verfolgung seiner Anhänger. Der halbtote Marsyas, den Macro aus persönlicher Rache zusammenschlagen läßt, schleppt sich zu Danaes Haus. Sie versteckt ihn und kann schließlich ihn und den ebenfalls gesuchten Paris mit Hilfe von Dion und Marpessa, mit der sie die gemeinsame Sorge um Marsyas wieder zusammengebracht hat, in Sicherheit bringen. Marsyas trennt sich nun endgültig von Marpessa und bleibt bei Danae.

Bewertung

Eine Schilderung von Aufstieg und Fall Seians, durchgehend aus der Perspektive einer Nebenfigur, als solche ganz interessant gemacht. Ich habe freilich den Eindruck, daß die Atmosphäre Roms in dieser Zeit noch besser hätte getroffen werden können. Die ständige Perspektive Danaes verzerrt doch einiges, zumal die Erzählsituation nicht ausgeführt wird: die Handlung beginnt ohne Einleitung, und auch am Ende gibt es kein Resümee der Ich-Erzählerin.

Es wäre noch zu prüfen, wie eng sich die Autorin an ihre eindeutige Hauptquelle Tacitus, gehalten hat. Eine interessante Einzelheit ist der Name einer Nebenfigur, des Praetorianeroffiziers Larcius Macedo (389); dieser Name ist aus Plin. ep. 3.14 bekannt als der eines Senators, dessen Vater noch Sklave gewesen war und der von seinen eigenen Sklaven getötet wurde. Jaggers Praetorianer muß also schon aus chronologischen Gründen ein anderer Mann sein, den Namen könnte sie aber aus Plinius haben.

Von den historischen Ereignissen abgesehen, ist Danae durchaus als interessante Gestalt gezeichnet, eine Frau, die aus ihrer Situation das beste macht, dabei aber stets ihre Grenzen erkennt. Vielleicht ist diese Darstellung etwas zu positiv geraten. Die anderen Gestalten (Dion, Paris, Marsyas, Danaes Vertraute Chrysothemis) sind ganz überzeugend, doch manchmal wirken die Ereignisse zu vorhersehbar. Die schwierige Liebesgeschichte zwischen Danae und Marsyas hat mit der historischen Handlung kaum etwas zu tun, ist aber ganz geschickt damit verwoben.

Weil antiquarische Einzelheiten größtenteils vermieden sind, kann man der Autorin auch nur wenige Fehler nachweisen; so sind die Saturnalien nicht im September (233, anderswo richtig), Praetor ist kein höheres Amt als Consul (153), und es liegt mehr als eine Tagesreise zwischen Rom und Capri (378). Insgesamt ist ihre Ausdrucksweise oftmals zu modern, was in einigen Fällen auch Schuld der Übersetzung sein kann. ("Sauerstoff", 81; "Chianti", 149; "Pfennig", 238; ein Druckfehler ist wohl "Arigletum", 268); eklatante Anachronismen kommen nicht vor, und lateinische Ausdrücke werden vollständig vermieden.

Weitere Meinungen

20th-Century Historical Writers, S. 352, zu Antonia und Daughter of Aphrodite:

"The characters, and the atmosphere of the courts of Tiberius and Galba, form a fascinating setting for the stories, both of which centre around young girls whose lives and loves develop against the time-honoured background of power, treachery, murder, and money. The heroines differ in their position in society: ... Each bears the hallmark of a Jagger heroine; tenacity, a strong sense of survival, and a capacity to develop and to learn from all the experiences that life and the author throw at them. This description would encompass a typical heroine of most traditional historical and romantic novels, but what is unusual about Jagger's work is the interesting way in which she describes in some detail the socio-political structures of the period about which she writes."