Walter Heichen

Thumelicus, der Sohn Armins

Berlin : Weise, 1938

(Zur Inhaltsangabe)

Bewertung

Das nur durch eine kurze, rätselhafte Bemerkung des Tacitus bekannte Schicksal des Thumelicus (ann. 1, 58, 6: educatus Ravennae per quo mox ludibrio conflictatus est, in tempore memorabo; der Name bei Strab. 7, 291) ist hier als Nebenstück zu den viel zahlreicheren Darstellungen des Arminius gestaltet. Die Handlung ist stellenweise durchaus gelungen, und es gibt einige spannende Szenen (so die Auslosung unter den Belagerten, der Tod des Thumelicus). Daneben ist vieles nur summarisch erzählt. Einige Figuren wie Cäsenius werden eingeführt, ohne sie später aufzugreifen.

Der Name des Besitzers der Gladiatorenschule (Lentulus) und des Befehlshabers der von Tzazo und Thumelicus vernichteten Streitmacht (Batiatus) ist von dem des bekannten Lanista abgeleitet, in dessen Ludus der Spartacusaufstand ausbrach. Generell ist die Schilderung des Gladiatorenaufstands an den der Jahre 73–71 v. Chr. angelehnt, bis hin zur Überrumpelung durch das Hinabsteigen an einer Felswand.

Die Germanentümelei wirkt etwas zurückgenommen, ist aber quasi vorausgesetzt, wenn die Germanen sich wie selbstverständlich unter Thumelicus zusammenschließen und mehrmals eine vielfache Übermacht besiegen können.

Der historische Hintergrund ist teilweise ganz passabel getroffen, aber im Jahr 17 war Sejanus noch längst nicht der mächtige Vertraute des Tiberius, der sich auch noch nicht nach Capri zurückgezogen hatte, und zehn Jahre später war er noch am Leben und nicht durch Macro abgelöst (61). Es gibt Unsicherheiten bei der Terminologie: »Prokurator« als Titel des Varus (18), ein »Palast des Statthalters« in Rom (40; gemeint ist vielleicht Sejanus), »Präquestor« (54).

Inhalt

1. Teil. »Thusnelda«

In Rom findet der Triumphzug des Germanicus statt; die Erfolge über Germanien sind allerdings mehr vorgetäuscht als real, wie der hohe Offizier Stertinius seinem Freund Cäsenius verrät. Im Zug wird auch Thusnelda, die Frau des Arminius, mit ihrem kleinen Sohn mitgeführt, ferner ein angeblicher Marserführer, Wolfhart. Dieser ist in Wirklichkeit ein Cherusker, der in die kaiserliche Germanengarde eingetreten ist, um das Schicksal von Thusnelda und ihrem Kind zu erkunden und ihnen zu helfen. Jetzt, als vorgetäuschter Gefangener, sieht er sie zum ersten Mal.

Der allmächtige Vertraute des Kaisers Tiberius, Sejanus, hat es erreicht, daß Germanicus in den Osten abgeschoben wird. Er unterhält sich mit Flavus, dem romtreuen Bruder des Arminius, und mit Thusnelda, die er durch Drohungen zur Kooperation zwingen will. Thusnelda lehnt barsch ab und muß hinnehmen, daß man ihr den Sohn nimmt. Auch ihr Vater Segestes, der sie an die Römer ausgeliefert hat, kann ihren Widerstand nicht brechen.

Wolfhart ist verzweifelt, weil er keine Spur von Thusnelda und ihrem Kind finden kann. Als Arminius den Markomannen Marbod besiegt hat und das Gerücht umläuft, die Germanen zögen auf Rom, schöpft er wieder Hoffnung und beginnt mit anderen germanischen Soldaten eine Verschwörung. Doch dann trifft die Nachricht ein, Arminius habe sich zurückgezogen, und Wolfhart ist so unglücklich wie zuvor. Als er eines Tages zur Wache im Palast abkommandiert ist, erfährt er, daß Arminius ermordet wurde. Die Römer wollen Flavus zu seinem Nachfolger machen. Wolfhart erschlägt den Verräter.

2. Teil »Thumelicus«

In eine Gladiatorenschule bei Sutrium kommt als neuer Rekrut Thumelicus, der bisher Hirtensklave auf einem Landgut war. Als er in der ersten Nacht vom älteren Gladiator Atax verprügelt werden soll, setzt er sich geschickt zur Wehr. Da bricht unter Führung des Wandalen Tzazo ein Aufstand der Gladiatoren los, und sie werden Herren der Schule. Nachdem sie Tzazo und seinen Unterführern Gehorsam geschworen haben, ziehen sie ab.

Die Gladiatorenschar wird durch entlaufene Sklaven immer zahlreicher. Nachdem die Römer die Gefahr zunächst nicht sehr ernst nehmen, verfügt Tzazo schließlich über dreitausend Mann, darunter auch übergelaufene Söldner. Dann erst schickt Rom starke Truppen unter Batiatus, die die Aufständischen zwar nicht schlagen können, aber auf einer Hügelstellung belagern. Thumelicus macht in der scheinbar ausweglosen Situation den Vorschlag, mit einer ausgewählten Schar Germanen den Römern in den Rücken zu fallen. Er klettert an Weinranken einen steilen Felsen hinab und kann soviel Verwirrung unter den Römern stiften, daß Tzazo mit der Hauptmacht sie völlig aufreiben kann. Doch der Anführer wird tödlich verwundet. Als seinen Nachfolger bestimmt die Mehrheit der Gladiatoren Atax, auch wenn die Germanen sich für Thumelicus aussprechen.

Anders als Tzazo läßt Atax seine Leute disziplinlos plündern. Er vernachlässigt darüber die Flucht aus dem römischen Reich und strebt zur Küste im Westen. Dort beobachtet Thumelicus mit den Germanen den Untergang einer Galeere. Ein schiffbrüchiger Rudersklave wird an Land gespült und ist höchst überrascht, als er Thumelicus erblickt, in dem er das Ebenbild Armins erkennt. So hat Wolfhart nach zehn Jahren als Galeerensklave doch noch den Sohn des Arminius gefunden. Die Germanen trennten sich unter Führung des Thumelicus nun von Atax, der mit seinen Leuten kurz darauf von den Römern aufgerieben wird. Atax gelingt verletzt die Flucht zu Thumelicus, doch sind ihm zwei römische Streitmächte auf den Fersen. Thumelicus zieht sich mit den Germanen in einen Bergwald zurück. Das Versteck verrät Atax einem der römischen Führer, der ihn dennoch kreuzigen läßt. Die Germanen des Thumelicus können den Angriff zurückschlagen.

Die Römer verlegen sich darauf, die Germanen zu belagern und allmählich auszuhungern. Thumelicus erkundet einen gefährlichen Fluchtweg, doch einer muß zurückbleiben und die Römer täuschen. Zehn Freiwillige würfeln um diese Aufgabe, darunter Wolfhart, der aber nicht gewinnt. Thumelicus gelingt die Flucht, aber seine verbliebene Schar ist sehr geschwächt und muß sich trennen. Eine nach der anderen werden die Gruppen aufgerieben, zuletzt die von Thumelicus, der im Kampf verwundet wird. Wolfhart birgt ihn in einer Scheune, wird aber von römischen Soldaten gesehen, die darauf drohen, die Scheune anzuzünden. Um Thumelicus zu retten, opfert sich Wolfhart und gibt sich selbst den Tod.

Thumelicus erkennt, was sein Gefährte für ihn getan hat. Er bleibt einige Tage in der Scheune, um seine Wunde heilen zu lassen. Ein alter germanischer Sklave hilft ihm bei der Flucht, doch einige Bewohner haben Thumelicus entdeckt und stellen ihn. Nur durch einen Baum im Rücken gedeckt, muß er sich ihrer Pfeilschüsse erwehren. Schließlich erliegt er der Übermacht.

Jahre später wollen die Cherusker einen neuen Führer aus Rom. Da niemand weiß, was aus dem Sohn Armins geworden ist, schickt man Italicus, den Sohn des Flavus.

1997: Erstveröffentlichung
2. Januar 2007: Reihenfolge umgestellt, Tippfehler