Gisbert Haefs

Hannibal : der Roman Karthagos

Zürich : Haffmann, 1989
Taschenbuchausgabe München : Heyne, 9. Aufl. 1994

(Zur Inhaltsangabe)

Bewertung

Der Schwerpunkt des weit ausgreifenden Romans ist weniger die Person Hannibals als dessen gesamtes Zeitalter, aus der karthagischen Perspektive betrachtet; so erklärt sich auch der Untertitel »Der Roman Karthagos«. Mehr als die Hälfte des Umfangs spielt vor dem Tod Hasdrubals des Schönen, die ersten 140 Seiten sogar noch vor Hannibals Geburt.

Haefs schildert genau genommen nicht die Perspektive Karthagos, sondern die der barkidischen Partei, während die »Alten« durchweg sehr schlecht wegkommen. Durch den ganzen Roman zieht sich eine Dolchstoßlegende; der Rat Karthagos habe seine fähigen und potentiell siegreichen Feldherrn (Hamilkar auf Sizilien, gegen die Söldner und in Iberien, Hasdrubal als sein Nachfolger und vor allem Hannibal in Italien) nicht genügend unterstützt. Antigonos betont immer wieder, daß Hannibal mit einer Verstärkung durch wenige tausend Männer den entscheidenden Sieg über Rom hätte erringen können. Dies ist natürlich in erster Linie eine Schutzbehauptung, um die Einmaligkeit und historische Größe Hannibals nicht zu beschädigen. Sie kann sich auch auf Hannibals eigene Darstellung stützen, kann aber als von der modernen Forschung widerlegt gelten; vgl. Jakob Seibert, Hannibal (Darmstadt: WB, 1993), passim, z. B. S. 449-450.

Generell ist zu kritisieren, daß die Persönlichkeiten der Barkiden und des Antigonos zu einseitig positiv gezeichnet sind und keine erkennbaren Charakterschwächen aufweisen (man darf freilich nicht vergessen, daß das Buch ja als von Antigonos selbst geschrieben gedacht ist). Eine übertrieben günstige Gesamtbeurteilung Hannibals findet sich freilich auch sonst oft, vgl. Seibert, Hannibal, S. 5.

Daß die Darstellung einmal nicht aus der Sicht Roms erfolgt, gehört zu den erfreulichen Eigenschaften dieses Buches, ist bei Hannibal-Romanen aber natürlich nicht ungewöhnlich. Das Zeitalter des Hellenismus in seiner Komplexität und relativen Modernität (die stellenweise etwas übertrieben wird, siehe unten) ist recht gut erfaßt. Karthago erscheint in der Sicht des Antigonos als »Gegenmodell« zu Rom: es ist »multikulturell«, hat z. B. eine recht freie Stellung der Frau (hervorgehoben bei der Beschreibung des Hafens in Kap. 14) und weist schon vor den gescheiterten Reformen Hannibals Züge einer parlamentarischen Demokratie auf.

In den historischen Einzelheiten ist das Werk relativ zuverlässig, wie ein Vergleich z. B. mit der etwas später erschienenen wissenschaftlichen Hannibal-Biographie von Seibert belegt. Die zahlreichen Lücken der Überlieferung hat Haefs natürlich spekulativ ausgefüllt.

Auffällig ist ein gewisses Schwelgen im antiquarischen Detail, das sich auch auf Erfundenes erstreckt, deutlich z. B. bei den Titeln der Werke in der Bibliothek von Hannibals Landhaus, von denen es viele nicht einmal in der (gemeinhin überschätzten) Bibliothek von Alexandria gegeben haben dürfte; auch dies ist kennzeichnend für die Übersteigerung der Helden, die praktisch allwissend sind (um so schwerer läßt sich dies dann mit dem historisch überlieferten Scheitern vereinbaren, und die Brüche werden im Roman recht deutlich). Besonders die listenartigen Aufzählungen von Antiquaria könnten beeinflußt sein von Umberto Eco.

Die Fahrten des Antigonos nach Südamerika und Grönland sind reine Spekulation, immerhin von technischer Seite nicht völlig unmöglich. Dagegen beruhen die Verbindungen der hellenistischen Welt nach Indien (Ashoka) durchaus auf historischer Überlieferung. Der Umfang der geographischen Kenntnisse ist generell etwas zu gut angesetzt, vor allem beim Spitzelnetz der Barkiden. Ähnliche anachronistische Züge gibt es auch beim wohl zu modern organisierten Heer der Barkiden.

Einige wenige kleinere Fehler seien noch angeführt: Distichen wie im Spottepigramm auf Flaminius (S. 492) sind eigentlich erst durch Ennius in die lateinische Literatur eingeführt. Von Haefs' mangelnder Vertrautheit mit den alten Sprachen, die sich auch in seiner Kurzgeschichte »Der Trauzeuge« zeigt, künden der mehrfache Lapsus »Tiberus« als Name des Flusses oder die angeblich griechische Namensform »Skipios« (S. 647).

Die Erwähnung von Germanien bzw. Germanen ist anachronistisch, das bekannte Horazzitat (S. 499) dagegen wohl ironische Anspielung und kein »echter« Anachronismus. Versehentlich werden Hannibals Augen einmal im Plural zu einem Zeitpunkt erwähnt, als er schon lange das eine Auge verloren hat (S. 561). Ferner gibt es einige wenige Druckfehler.

Haefs' Werk ist ein partiell durchaus gelungener Versuch, eine in der breiten Öffentlichkeit kaum oder zumindest nur entstellt bekannte Epoche (der Autor verweist im Nachwort mehrmals auf Flaubert) ohne Rückgriff auf alte Klischees darzustellen. Eine gewisse Einseitigkeit in der Darstellung hätte sich dabei nur vermeiden lassen, indem auch die Gegenseite zumindest in einem gewissen Rahmen zu Wort gekommen wäre. So ist dagegen alles, was wir aus dem Mund eines Römers hören, eine dem kriegsgefangenen Septimus Torquatus in den Mund gelegte Annalistenparodie. Die jeweils am Kapitelende eingelegten Briefe hätten sich wohl dafür geeignet, die Perspektiven zu erweitern; diese Chance ist nicht genutzt.

Literatur

„Ein Anti-Held der Antike.“ In: Der Spiegel 24/1989, S. 214–215.

Peter Habermehl: »›Ach, Tiggo …‹ : Gisbert Haefs’ Hannibal (1989), kursorisch gelesen.« In: Mythen in nachmythischer Zeit : die Antike in der deutschsprachigen Literatur der Gegenwart / hrsg. von Bernd Seidensticker ... – Berlin [u. a.] : de Gruyter, 2002. – S. 135–151.

Stephan Opitz: „Gisbert Haefs, Hannibal. Der Roman Karthagos.“ In: Der historische Roman : Erkundung einer populären Gattung / Hans-Edwin Friedrich (Hrsg.). – Frankfurt, M. : Lang-Ed., 2013. – S. 99–112.

Inhalt

Prolog

Der greise Antigonos schmuggelt das Vermögen der verbannten Barkiden aus dem karthagischen Herrschaftsbereich. Dabei kommt bei einem Angriff numidischer Reiter sein alter Freund Bostar um. Antigonos segelt nach Nikomedia, der Hauptstadt Bithyniens, wo sich Hannibal aufhält, der für den König Prusias eine erfolgreiche Seeschlacht gegen die Pergamener schlägt.

Einige Jahre später, nach dem Tod Hannibals, blickt Antigonos in Alexandria auf sein Leben zurück. Er stammt aus einer seit mehreren Generationen in Karthago ansässigen griechischen Familie. Im Alter von 14 Jahren, während des ersten Kriegs gegen die Römer, schickte sein Vater ihn in die Fremde, wo er als Händler weit herumkam.

1. Heimkehr nach Qart Hadasht

Antigonos kehrt nach sechsjähriger Abwesenheit, die ihn unter anderem nach Indien geführt hat, auf einer Handelsflotte nach Karthago zurück; einige Schiffe gehören ihm bzw. seiner »Sandbank«, die von seinem Jugendfreund Bostar verwaltet wird.

Antigonos nimmt geschäftliche Kontakte auf mit Phrynichos, dem Vorsteher der königlichen Bank von Ägypten.

2. Hamilkar

Antigonos sucht seinen Freund Hamilkar auf, der aus einer vornehmen Familie Karthagos stammt und derzeit mit militärischen Aufgaben betraut ist. Bei einem Gastmahl erzählt Antigonos, wie er auf Rat des Orakels der Amunoase nach Westen über den Ozean gesegelt ist, auf einer von den Puniern streng geheim gehaltenen Route. Vom Land dort hat er das Fell eines yama mitgebracht, das Hamilkar und seiner Frau endlich zum langersehnten männlichen Nachwuchs verhelfen soll. Später nimmt Antigonos an einem Mahl mit dem gefangenen römischen Consul Regulus teil, der sich das Leben nimmt, als er erfährt, daß seine Verwandten in Rom punische Geiseln getötet haben. Antigonos lernt die ägyptische Tänzerin Isis kennen. Hamilkar wird zum Strategen für den Krieg in Sizilien bestimmt, sein Widersacher Hanno, Vertreter der Partei der »Alten«, zum Feldherrn in Libyen.

Phrynichos teilt Antigonos mit, daß ein berühmter Duftmischer beim Nomadenstamm der Maken gefangengehalten wird.

3. Isis

Antigonos bemächtigt sich des Duftmeisters Lysandros und bringt ihn nach Karthago. Er reist nach Alexandria weiter, wo er Geschäfte tätigt und Isis wiedersieht. Die beiden verbringen einen Monat miteinander, bevor Antigonos nach Karthago zurückkehrt. Hamilkar »Barkas« kämpft erfolgreich auf Sizilien, seine Frau bringt einen Jungen zur Welt, Hannibal. Auch Bostar wird Vater; sein Sohn heißt Bomilkar. Hanno erreicht es, für seinen Kleinkrieg in Numidien weit mehr Unterstützung bewilligt zu bekommen als Hamilkar (der erneut Vater eines Sohnes wird) in Sizilien. Nach drei Jahren kehrt Antigonos nach Alexandria zurück; er findet Isis todkrank und mit einem kleinen Jungen, Memnon, dessen Vater er ist. Die Römer bauen eine neue Flotte.

Antigonos schreibt an Phrynichos und sagt eine karthagische Niederlage voraus.

4. Hanno

Nach der Niederlage gegen Rom gehen in Karthago die Auseinandersetzungen zwischen »Alten« und »Neuen« weiter. Antigonos, der mit dem jungen Hasdrubal, einem kommenden Mann der »Neuen«, befreundet ist, muß bei einem Gastmahl Hannos erscheinen, der ihn durch extreme grausame Hinrichtungen einzuschüchtern versucht.

Hamilkars Unterstratege Giskon schreibt an Antigonos, wie durch Hintertreiben von Hanno und seinen Leuten der Krieg auf Sizilien verlorenging.

5. Tsuniro

Antigonos und Hasdrubal planen, Hanno durch eine geschickte Intrige finanziell schwer zu schädigen. Die beiden besuchen Hamilkars Familie. Antigonos hat sich in die afrikanische Sklavin Tsuniro verliebt, die er freiläßt und anstelle des in eine neue Siedlung nach Spanien geschickten Lysandros als Duftmischerin arbeiten läßt. Der Plan zur Schädigung Hannos gelingt.

Bostar schreibt an den nach Westen gesegelten Antigonos und berichtet, daß die von Karthago nicht mehr bezahlten Söldner einen Aufstand begonnen haben.

6. Ylan Matho Naravas

In Tingis erfährt Antigonos vom Söldneraufstand. Er segelt (mit Tsuniro und Memnon) weiter nach Britannien, wo er mit Metall handelt. Bei einem geheimnisvollen Schmied, der in einem alten Steinkreis wohnt, bestellt er sechs außergewöhnliche Schwerter, für die drei Söhne Hamilkars, Bomilkar, Memnon und sich selbst; der Schmied prophezeiht ihm jedoch, daß sein Schwert in Wirklichkeit für seinen dunklen Sohn, einen Fürsten, bestimmt sei. Tatsächlich ist Tsuniro schwanger. Nach der Überwinterung auf Vectis kehrt Antigonos ins Mittelmeer zurück. Das Schiff gelangt nicht mehr bis Karthago, und auf dem Landweg versucht Antigonos, in die Stadt zu reisen, doch fängt ihn Naravas ab, ein Numiderfürst, der mit den Söldnern verbündet ist. Naravas ist in Salambua, eine Tochter Hamilkars, verliebt und möchte auf dessen Seite treten. Antigonos bleibt in ehrenvoller Gefangenschaft bei ihm und erlebt mit, wie Hamilkar einen unerwarteten Sieg über die Söldner erzielt. Als Hamilkar erneut eingeschlossen erscheint, nimmt Naravas mit ihm Kontakt auf und tritt zu ihm über. Antigonos, mit dem Naravas Blutsbrüderschaft geschlossen hat, wird in der Schlacht, die Hamilkar wieder gewinnt, leicht verwundet.

Antigonos berichtet seinem in Massalia wohnenden Bruder Attalos, daß Tsuniro einen Sohn Ariston zur Welt gebracht hat und die Lage in Karthago nach wie vor ernst ist, nachdem die Söldnerführer sogar Gesandte umgebracht haben.

7. Säulen des Melqart

Hamilkar hat die Hauptmacht der Söldner in einem engen Wüstental eingeschlossen. Als sie von Hunger und Durst völlig erschöpft sind, läßt er sie nach mißlungenen Kapitulationsverhandlungen niedermetzeln. Der Rest der Aufständischen belagert nach wie vor Karthago, und während Hasdrubal Hamilkars Tochter Sabanipal heiratet und Antigonos nach Alexandria reist, nimmt ihr Anführer Matho einen punischen Strategen gefangen und läßt ihn ans Kreuz schlagen. Schließlich unterliegen die Söldner doch; in Anwesenheit einer römischen Gesandtschaft wird Matho auf brutalste Weise hingerichtet. Die Römer verkünden, daß sie Sardinien und Korsika nicht an Karthago zurückgeben, sondern in die eigene Herrschaft übernehmen. Die Barkiden überlegen, wie sie für die Zukunft Karthagos Stellung sichern können; ein Ausbau der Macht in Afrika erscheint vielen zu risikobehaftet, weil damit ein Umsturz der karthagischen Verfassung verbunden ist. Stattdessen entscheidet sich Hamilkar, eine Machtbasis in Iberien zu schaffen. Vor der Abreise dorthin läßt er seinen neunjährigen Sohn Hannibal einen Eid im Tempel des Baal (dessen Priester Hanno ist) schwören. Drei Jahre später fährt Antigonos mit seiner Familie und Bomilkar nach Spanien; in ihrer Begleitung ist auch der Spartaner Sosylos, der Erzieher von Hamilkars Söhnen werden soll. Von Gadir aus reist Antigonos ins Landesinnere und trifft Hasdrubal, dessen Frau unterdessen gestorben ist. Bei seiner Rückkehr erfährt er, daß Tsuniro mit einem Landsmann von ihr fortgegangen ist; Ariston hat sie mitgenommen.

Antigonos berichtet Hamilkar, wie er von Britannien aus, wo er die bestellten Schwerter abgeholt hat, eine Erkundungsfahrt weit in den Norden vorgenommen hat, bis zu einer großen eisbedeckten Insel, wo er einen weißen Bären erlegte.

8. Barkas

Hamilkar setzt seine Eroberungen in Iberien fort, Antigonos macht mehrere Reisen, unter anderem weit nach Afrika hinein, um sich nach Tsuniro und Ariston zu erkundigen. Schließlich fährt er zum zweiten Mal nach Spanien. Bei seiner Ankunft gerät er in schwere Kämpfe, die Hamilkar gegen einige iberische Volksstämme auszufechten hat. Seine Söhne dienen bereits im perfekt geschulten Heer; besonders Hannibal tut sich als ausgezeichneter Reiterführer hervor. Hasdrubal erzählt Antigonos vom weitreichenden Informationsnetz der Barkiden, das auch herausgefunden hat, daß Tsuniro gestorben ist; Ariston lebt als Thronfolger eines Fürsten im Innern Afrikas. Durch Verrat eines Stammes geraten die Punier in schwere Bedrängnis; bei einem Rückzug über einen Fluß wird Hamilkar, den bisher stets das yama-Fell beschützte, tödlich verwundet. Seine Nachfolge tritt Hasdrubal an, der die Iberer besiegt.

Antigonos schreibt an Hasdrubal (der ein neues Qart Hadasht in Iberien gegründet hat) mit Nachrichten über Hanno und die Römer.

9. Hasdrubals Vertrag

Antigonos wird ausnahmsweise, obwohl Metöke, in den Rat von Karthago geladen. Er tritt dort Hanno effektvoll entgegen und kann eine Kontrolle des Rats über alle Handels- und Geldgeschäfte verhindern, ebenso eine Reduzierung des karthagischen Militärs. Im iberischen Qart Hadasht erlebt Antigonos, wie Hasdrubal eine römische Gesandtschaft völlig überrumpelt und dazu bringt, einen Vertrag mit ihm abzuschließen, der den Puniern ein Eingreifen bis zum Iberos erlaubt. Memnon geht als Arzt nach Iberien; Ariston ist Fürst in Afrika geworden und schickt über seinen Vater den Barkiden fünfzig Elephanten. Als Antigonos zur Hochzeit Memnons nach Iberien reist, findet er Hasdrubal ermordet vor.

Antigonos schreibt an Bostar, daß Hannibal als neuer Stratege mit zahlreichen von Rom geförderten Aufständen fertig werden muß. Besonders die Stadt Zakantha, weit südlich des Iberos, macht Schwierigkeiten, nachdem Rom sie unter seinen Schutz gestellt hat. Bostar soll für eine klare Haltung Karthagos sorgen.

10. Zakantha

Hannibal hat Zakantha erobert und zerstört; die Römer haben für ihre angeblichen Verbündeten keine Hand gerührt. Unter den Händlern, die von der Beute profitieren wollen, ist auch Argiope, mit der Antigonos ein lockeres Verhältnis hat. Bei ihr findet er eine kostbare Statuette des Herakles/Melqart von der Hand des Lysipp, die er Hannibal zum Geschenk macht. Eine römische Gesandtschaft reist nach Karthago, wohl um den Krieg zu erklären. Die Kräfte Hannibals sind zu schwach, um gleichzeitig Iberien und Libyen zu schützen. Hanno will den Römern nachgeben, sie lassen aber nicht mit sich verhandeln und erklären den Krieg. Hannibal sammelt bei Zakantha seine Truppen und verkündet seine Pläne: während die römischen Consuln nach Iberien und Africa übersetzen sollen, will Hannibal nur einen Teil seiner Streitkräfte zum Schutz dieser beiden Länder zurücklassen und selbst nach Italien vorstoßen, über die Alpen, weil der normale Landweg versperrt ist.

Antigonos schreibt aus Barkino an Bostar und berichtet von Hannibals Vorbereitungen für den Zug.

11. Die Unterseite des Himmels

Hannibals Heer ist in das südliche Gallien vorgedrungen. Antigonos will es nach der Überquerung des Rhodanos verlassen. Den Rhodanos sperrt der Stamm der Volker, den Hannibal durch ein Umfassungsmanöver besiegen kann. Hannibal, der eine römische Landung in Libyen befürchtet, gibt Antigonos fünfhundert numidische Reiter, die ihn bis zum Meer begleiten sollen. Doch vorher treffen sie auf dreihundert römische Reiter vom Heer des Consuls Scipio, der ebenfalls schon in Gallien ist. Beide Parteien erleiden schwere Verluste, und Antigonos muß bei Hannibal bleiben. Das Heer weiß inzwischen, daß es die Alpen überqueren muß. Hannibal bemüht sich, Unterstützung von den Völkerschaften zu erlangen, durch deren Gebiet er zieht, doch kommt es immer wieder zu Angriffen. Unter unvorstellbaren Schwierigkeiten überwindet das Heer die Alpen und gelangt nach Oberitalien.

Sosylos schreibt an Philinos in Syrakus und berichtet, wie die Reiter Hannibals Scipio in einer Reiterschlacht besiegt haben. Doch jetzt steht eine Schlacht mit dem anderen Consul Sempronius bevor, der aus Sizilien nach Oberitalien geeilt ist.

12. Auge des Melqart

Im Winter gelingt es Hannibal, an der Trebia ein römisches Heer unter Führung des Consuls Sempronius zu schlagen. Trotzdem landet Scipio in Spanien und kann sich dort festsetzen. Die beiden neuen Consuln Servilius und Flaminius sperren im Frühling die Straßen nach Süden. Hannibal führt sein Heer, das inzwischen durch zahlreiche oberitalische Kelten verstärkt ist, quer über den Apennin und durch Sümpfe, denen zahlreiche Soldaten zum Opfer fallen, außerdem die letzten Elephanten; Hannibals selbst erkrankt an den Augen. Er hat seit Jahren nicht mehr geruht, ist aber auch durch den Verlust eines Auges nicht zu entmutigen. Hannibal kann das Heer des ehrgeizigen Flaminius am Trasimenischen See in eine Falle locken und völlig aufreiben. Trotz des Sieges ist Hannibal (wie schon sein Vater in ähnlichen Situationen) gedrückter Stimmung.

Sosylos berichtet aus dem Lager Hannibals dem nach Karthago zurückgekehrten Antigonos von den Kämpfen gegen den »zaudernden« Fabius.

13. Hannibal

Antigonos zeigt der kyprischen Händlerin Tomyris Karthago, und sie versteht, warum er diese Stadt so liebt und befürchtet, daß Leute wie Hanno sie zerstören werden. Unter anderem besuchen die beiden den streng geheimen Kriegshafen, wo Antigonos Möglichkeiten zur Unterstützung für Hannibal erkundet. Die nach Naravas' Tod nach Karthago zurückgekehrte Salambua berichtet von Hasdrubals Schwierigkeiten in Spanien, weil er gegenüber dem Rat nicht so unabhängig ist wie Hannibal. Die Unterstützung für Hannibal stößt auf Schwierigkeiten, und Antigonos überlegt mit Bostar, wie lange Karthago sich wohl noch halten kann. Er segelt nach Tarent und will von dort zum Heer Hannibals reisen. Unterwegs erfährt Antigonos von der Stärke der römischen Legionen und kommt genau an dem Tag in Hannibals Lager bei Cannae an, als die große Entscheidungsschlacht stattfindet. Antigonos erlebt mit, wie das riesige römische Heer durch Hannibals Feldherrnkunst völlig vernichtet wird. Hannibal lehnt es auch in der Hochstimmung des Sieges ab, sofort nach Rom vorzustoßen, weil seine Kräfte dafür immer noch zu schwach sind. Er macht den Römern ein sehr großzügiges Angebot, das aber abgelehnt wird. Antigonos reist nach Makedonien, um einen Vertrag mit König Philippos vorzubereiten. Unterdessen tritt Capua auf die Seite Hannibals. Ins Winterlager dort gelangen keine sehr guten Nachrichten aus Iberien. Memnon fällt in einem römischen Hinterhalt.

Hannibal schreibt an den nach Karthago zurückgekehrten Antigonos und bittet ihn, für die Verstärkung zu sorgen, die für den endgültigen Sieg notwendig ist. Außerdem sendet er ihm den Text des jetzt abgeschlossenen Vertrags mit Philipp von Makedonien.

14. Der Kopf

Antigonos hat Memnons Witwe und ihre beiden Kinder zu sich genommen. Der Krieg tritt, auch wegen der zögerlichen Haltung des Rats von Karthago, auf der Stelle. Antigonos reist zu Ariston in den Süden und muß bei seiner Rückkehr feststellen, daß der Krieg in Italien sich immer weiter hinzieht, weil Hannibal keinen entscheidenden Schlag ausführen kann. In Iberien, wo als römischer Befehlshaber der junge Cornelius Scipio tätig ist, trifft Antigonos mit Hasdrubal zusammen und entgeht mit ihm nur knapp einem Mordanschlag, hinter dem Hanno vermutet wird. Bei der Rückreise geraten Antigonos und Bomilkar in die Gefangenschaft von Massalia. Sie werden dort ehrenvoll behandelt und nicht an Rom ausgeliefert, sondern erhalten nach einiger Zeit die Gelegenheit zur Flucht. Antigonos reist erneut mit Verstärkungen zu Hannibal. Dieser kann sein Heer immer noch in guter Verfassung halten, hat aber immer noch zu schwache Kräfte; statt ihm die Verstärkung über See zuzuführen, muß Hasdrubal sie auf dem Landweg über die Alpen herbeibringen. Hannibal zieht ihm entgegen, doch eines Abend werfen die Römer Hasdrubals abgeschlagenes Haupt in sein Lager.

Antigonos ist im Osten unterwegs und schreibt an Tomyris.

15. Fürst des Friedens

Antigonos ist in die Gewalt des in Africa gelandeten Scipio geraten und muß ihn auf seinem Landgut vor den Toren Karthagos beherbergen. Hannibal ist notgedrungen aus Italien zurückgekehrt, zumal auch die numidischen Massyler unter Masinissa auf die römische Seite getreten sind. Nachdem die Karthager einen früheren Waffenstillstand gebrochen haben, ist Scipio zur Entscheidungsschlacht entschlossen. Beide Heere liegen sich bei Zama gegenüber. Es gibt ein letztes Gespräch der beiden Feldherrn, zu dem Scipio Antigonos mitnimmt. Hannibal versucht, die Schlacht abzuwenden, doch Scipio läßt sich nicht erweichen. Der Kampf ist zunächst lange unentschieden; schließlich scheint Hannibal vor dem Erfolg zu stehen, doch die von einer Verfolgung zurückkehrende Reiterei der Römer bringt die Entscheidung. Karthago bekommt harte Friedensbedingungen auferlegt, in der Stadt herrscht Chaos. Antigonos entschließt sich, den greisen, aber immer noch mächtigen Hanno im tofet, dem Heiligtum des Baal, zu töten.

Einige Jahre später besuchen Antigonos und Bostar Hannibal auf seinem Landgut. Er ist als Stratege abgesetzt, aber immer noch einflußreich; Antigonos unterhält sich lange mit seiner jungen Frau Elissa. Hannibal läßt sich zum Sufeten wählen und gestaltet die Verfassung Karthagos um. Während seine erfolgreichen Maßnahmen anlaufen, wird Antigonos aus Rom gewarnt, daß Hannibals Gegner ihn angezeigt haben und Rom seine Auslieferung verlangen wird.

Die schwangere Elissa schreibt (noch ohne Kenntnis der Bedrohung) an Antigonos und bittet ihn, ihr und dem Kind beizustehen.

Epilog

Antigonos gibt von Hannibals letzten Lebensjahren nur einen kurzen Abriß, nachdem er mit langer Verzögerung den Brief erhalten hat, den Hannibal ihm kurz vor seinem Selbstmord in Bithynien geschrieben hat. In aller Eile hatten Antigonos und Bostar nach Kenntnis der römischen Pläne die Flucht vorbereitet. Hannibal kam zu spät zu seinem Landgut: seine Gegner hatten dort ein Massaker angerichtet und auch die hochschwangere Elissa getötet. Hannibal ging in den Osten und hielt sich lange beim seleukidischen König Antiochos auf, doch in dessen Krieg gegen die Römer konnte er sich mit seinen Ratschlägen nicht durchsetzen. Hannibal ging weiter nach Armenien und schließlich Bithynien, wo die Römer seine Auslieferung verlangten.

Antigonos, im Begriff, seine letzte Reise ins Innere Afrikas zu Ariston anzutreten, entschließt sich, das Schwert Hannibals in fünf Teilen zerbrochen in den Nil zu werfen.

Erste Veröffentlichung: Juni 1998.
6. September 2013: Literatur ergänzt, Reihenfolge umgestellt.