Götter, Sklaven und Orakel

Düsseldorf : Econ, 1996

Christa-Maria Zimmermann: »Die Mysterien des Bacchus«

Inhalt

Während eines Gastmahls beim Consul Spurius Postumius Albinus zieht eine Prozession von Bacchus-Anhängern vorüber. Der orgiastische Kult wird von den Anwesenden unterschiedlich beurteilt: während Marius Scaurus ihn als unrömisch verbieten möchte, ist der Consul eher tolerant eingestellt, ebenso wie der Praetor Titus Maenius. Diesem erzählt Albinus, daß er die Brüder Cerrinius verdächtigt, durch Mord zu den zahlreichen Erbschaften zu kommen, die ihr Vermögen vermehren.

Gaia Duronia versucht, ihren Sohn Publius dem Einfluß seiner Geliebten Fabia Hispala zu entziehen, einer ehemaligen Halbweltdame, um die sich auch Titus Maenius bemüht. Duronia will Publius in die Bacchus-Mysterien einweihen lassen und kann ihn überreden, als er erfährt, daß Fabia sich mit Maenius verabredet habe.

Terentia, die Schwiegermutter des Consuls Albinus, erlebt zufällig, wie Fabia Hispala in Ohnmacht fällt, als sie erfährt, daß Publius in die Mysterien eingeweiht werden soll. Sie läßt Fabia zu sich kommen, damit Albinus sie verhört. Fabia weigert sich zunächst, den Eid zu brechen, den sie geschworen hat, will dann aber doch Publius' Leben retten.

Bei einem abendlichen Bacchanal in einer Villa am Tiber erscheinen ein Mann und eine Frau, die sich heimlich Zutritt verschaffen. Der Mann erlebt mit, wie alle Gebote der römischen Sitten verletzt werden. Er wird fast entdeckt, doch kann die Frau - Fabia - ihn retten. Es ist der verkleidete Consul, der am nächsten Morgen scharfe Maßnahmen gegen den Kult (den die Brüder Cerrinius für ihre Verbrechen ausnutzten) beschließen läßt. Fabia wird für ihre Tat geehrt.

Bewertung

Diese Darstellung des bekannten Bacchanalien-Skandals im Jahr 186 v. Chr. kann nur als recht abgeschmackt bezeichnet werden. Die Atmosphäre des republikanischen Roms ist kaum getroffen, obwohl die Autorin weitgehend der Darstellung bei Livius (39, 8-19) folgt, mit einigen kleineren Abweichungen (z. B. bei einigen Namen). Krasse Anachronismen hat sie zwar vermeiden können (doch existierten zu dieser Zeit noch keine Thermen der späteren Art [118], und Aprikosen gab es im Mittelmeerraum erst ein Jahrhundert später [124]), aber auch ihre hölzerne Sprache macht die Lektüre zu einem nur sehr mäßigen Vergnügen. Schließlich ist ein Consul als undercover-Detektiv vollends absurd.

Hans Dieter Stöver: »Das Grab auf dem Forum«

Inhalt

Einige Tage nach der Ermordung Caesars soll der Dictator beigesetzt werden. Unter den Trauergästen, die sich im Haus des Toten einfinden, ist auch C. Volcatius Tullus. Auf dem Forum wird Caesars Leichnam aufgebahrt, bevor er zur Einäscherung auf das Marsfeld gebracht werden soll. Auf einmal erscheinen zwei Gestalten, gekleidet wie die Dioskuren Castor und Pollux, und setzten den Katafalk in Brand. Das versammelte Volk ist begeistert über die Verbrennung auf dem Forum; von den Amtsträgern, darunter der Consul Marcus Antonius, macht niemand Anstalten einzugreifen. Volcatius verfolgt die beiden Personen und findet eine davon ermordet auf. Die Waffe, die beim Toten zurückgeblieben ist, deutet auf einen ehemaligen Centurionen Caesars.

Am nächsten Tag bittet auch die Königin Kleopatra Volcatius darum, die Störung von Caesars Bestattungsfeier zu untersuchen. Volcatius findet die Namen der beiden Centurionen heraus, die als Dioskuren verkleidet waren. Der zweite ist ebenfalls verwundet worden und liegt im Sterben, als Volcatius ihn aufsucht. Er gibt einen Hinweis auf den Priester des Castor, der gegenüber Volcatius indirekt zugibt, die beiden Centurionen getötet haben zu lassen. Aber es steckt noch mehr dahinter; Volcatius vermutet, daß Marcus Antonius den Vorfall inszeniert hat, um Caesar in gottähnliche Sphären zu erheben.

Bewertung

Dieses offensichtliche Gelegenheitswerk verdient keine längere Betrachtung. Die Atmosphäre der Tage nach Caesars Tod erscheint nur sehr nebelhaft. Auffälligerweise wird Volcatius diesmal nicht seinem großsprecherischen Freigelassenen Alexander begleitet (Cornificius dagegen hat einen Auftritt) und erzählt die Geschichte in der ersten Person, was bei den früheren C.V.T.-Romanen nicht der Fall gewesen war. Fast könnte man vermuten, daß Stöver sich hierbei von den englischsprachigen Rom-Krimis (Davis, Saylor, Roberts) anregen ließ.

Barbara von Bellingen: »Collectio«

Inhalt

Caecilia Metella hat zum ersten Mal in ihrem Leben Rom verlassen und besucht ihren Erbonkel Aulus Sulpicius in Lugdunum. Auf dem Weg trifft sie einen netten älteren Herrn, der sie in seiner Sänfte zu Aulus' Haus bringen läßt. Sulpicius ist aufgeregt, weil am selben Tag auch seine Sammlung ankommt. Wie Caecilia verstört feststellt, handelt es sich bei dieser »Collectio« um Menschen aus weit entfernten Erdteilen, die Aulus vorführt wie Tiere in einer Menagerie.

Eines Morgens ist Aulus verschwunden; man findet ihn erwürgt in der Senkgrube. Der Mörder war offenbar der Verwalter des Anwesens, der nicht aufzufinden ist. Metella muß sich jetzt um alles kümmern und auch entscheiden, ob alle Sklaven des Hauses für den Mord an ihrem Herrn büßen sollen. Sie sucht ihren Reisegefährten auf, der ihr freundlich hilft. Beim Abschied stellt sich heraus, daß es der Kaiser Claudius ist.

Caecilia entdeckt, daß ihr Onkel offenbar beim Quartier der exotischen Sklaven getötet wurde, von denen eine, ein Mädchen aus dem »Land der Seide«, ebenfalls verschwunden ist. Caecilia überrascht sie in der Nacht im Haus, wird von ihr aber überwältigt. Die Sererin erklärt Caecilia, was vorgefallen ist: Sulpicius hat seine Exoten nicht etwa als Sklaven gekauft, sondern eigens für seine »Sammlung« fangen lassen. Als sich die Männer mit Hilfe der Sererin befreien konnten, haben sie Sulpicius und seinen Verwalter getötet. Caecilia ist erschüttert über die unmenschliche Handlungsweise ihres Onkels und läßt die Gefangenen als freie Menschen in ihre jeweilige Heimat zurückkehren.

Bewertung

Die eigentliche Krimihandlung wirkt arg an den Haaren herbeigezogen und nicht frei von Unwahrscheinlichkeiten. Es sei zugestanden, daß unter den zuweilen absonderlichen Passionen, die Angehörige der römischen Oberschicht entwickeln konnten, das Sammeln von Menschen zumindest denkbar gewesen wäre.

Der historisch Vorinformierte hat natürlich in Caecilias Reisebegleiter sofort den in Lugdunum geborenen Claudius erkannt, der hier durchaus positiv und vielleicht von Graves beeinflußt dargestellt wird. Auch wenn ein solcher Aufenthalt des Kaisers in seiner Geburtsstadt nicht belegt ist (denkbar wäre er höchstens auf der Durchreise nach Britannien im Jahr 43), ergibt sich im ganzen doch ein stimmiges Bild. Bellingen verwendet reichlich und generell korrekt lateinische Ausdrücke (sogar für den Namen der Stadt Rom!). Wie andere Romanautoren setzt sie für ihre Caecilia Metella unbekümmert einen bekannten Namen in einen neuen Kontext.