Gertrud Fussenegger

Sie waren Zeitgenossen

Stuttgart : DVA, 1983
München : dtv, 1986

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Inhalt

In Briefen von Zeitgenossen wird die Umwelt Jesu dargestellt. Kernfigur ist dabei Eljakim, der Halbbruder des amtierenden Hohepriesters Kaiphas, der kränkelnd vor allem auf seinen Landgütern Sison bei Emmaus und Kopht in Galiläa lebt, zeitweilig in Gesellschaft des Griechen Antisthenes, eines Vertrauten des Procurators Pontius Pilatus. Eljakims ehrgeizige Frau Esther, die sich in Hebron aufhält, möchte, daß ihr Sohn Aristobul eine seiner Familie angemessene Karriere macht. Sie verschafft ihm eine Aufgabe als Spitzel der Priesterschaft auf den Spuren des Täufers Johannes. Aristobul spürt, später zusammen mit Antisthenes, dem Täufer bis zu dessen Hinrichtung durch den Tetrarchen Herodes in der Feste Machairus nach.

Aristobul ist von diesem Erlebnis so erschüttert, daß er sein Leben völlig ändert: er trennt sich von seiner Freundin Maria aus Med-schel (Magdala), die danach zeitweilig in das Leben einer Hure abrutscht. Er will vergeblich zu den Essenern und schließt sich dann der Zelotenbande des Barabbas an. Eljakim unterstützt wider besseres Wissen seinen verlorenen Sohn finanziell und läßt auch zu, daß Barabbas auf einem seiner Landgüter Teile des von ihm geraubten Tempelschatzes versteckt. Schließlich wird Barabbas von den Römern gefangen und soll vor dem Passahfest hingerichtet werden.

Kaiphas, dem sein Vorgänger Annas im Nacken sitzt, will den Römern gegenüber ebenfalls einen Erfolg vorweisen und läßt den Prediger Jeschua verhaften (der bereits vorher einige Male erwähnt wurde, auch wenn keine der Hauptpersonen ihm begegnet ist). Doch dann klappt Kaiphas' Plan nicht ganz: Aristobul kauft mit Geld seines Vaters eine Menschenmenge, die Barabbas an Jeschuas Stelle vom Procurator freibittet. Der gefolterte Barabbas sucht mit Aristobul Eljakim auf, um den Schatz an sich zu nehmen, den Eljakim aber inzwischen dem Tempel zurückgegeben hat. Barabbas erschlägt Eljakim, bevor er von Aristobul getötet wird. Auf dem Weg mit Antisthenes zur Küste begegnet Aristobul den Jüngern Jesu, die den Auferstandenen zu sehen glauben.

Bewertung

Es ist nicht ganz klar, ob Gertrud Fussenegger ihre Perspektive, Jesus über seine Umwelt zu zeigen, für besonders ausgefallen hielt. Dies ist es jedenfalls nicht, denn es gibt Dutzende von Büchern, die Jesu Umwelt und Zeitgenossen schildern und Jesus selbst nur am Rande oder gar nicht auftreten lassen (das klassische Beispiel ist Wallace, Ben-Hur). Fussenegger ist also keineswegs originell, und auch sonst macht das Buch einen eher durchschnittlichen Eindruck. Es ist zwar keine die Bibel nacherzählende Erbauungsliteratur, aber die tatsächlichen Verhältnisse in Iudaea vereinfacht es trotzdem sehr stark beziehungsweise stellt sie allzu konventionell dar.