Reinhold Bahmann

An der römischen Grenzmark

Dresden : Köhler, 1891. (Aus unsrer Väter Tagen : Bilder aus der deutschen Geschichte ; 1)

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Inhalt

Vorwort: Der Verfasser erzählt von einem Besuch am Niederwalddenkmal, bei dem er sich auch an das Hermannsdenkmal (Abbildung) erinnert hat. Dem Ziel, dem beide Stätten gewidmet sind, gelten auch seine Erzählungen, der Erinnerung an die Freiheitskämpfe des deutschen Volkes. Außerdem soll in ihnen auch, einer Mahnung des Kaisers gemäß, die Kulturgeschichte einen prominenten Platz zur Hebung des Nationalbewußtseins einnehmen,

1. Im Jahr 55 v. Chr. räumen die Sugambrer ihr Land vor einem drohenden Übergang der Römer über den Rhein. Einer der letzten, der seinen Hof aufgibt, ist Guntram, dessen Sohn Gunthari noch einen letzten Blick auf die Römer auf der anderen Rheinseite werfen will. Dabei wird er von einem römischen Spähtrupp unter Leitung Pisos gefangen.

2. Piso bringt Gunthari in das römische Lager und führt ihn vor den Feldherrn Caesar, der den Germanen freundlich behandelt. Mit den Römern überschreitet Gunthari wieder den Rhein auf der neugebauten Brücke. Der Hof Guntrams wird in Brand gesteckt. In der Nacht gelingt es Gunthari, der Bewachung Pisos zu entkommen.

3. Als die Römer den Flüchtenden verfolgen, kommt es zum Kampf: Piso fällt mit seinem Spähtrupp, aber auch Guntram wird schwer verwundet. Man bringt ihn zum geheimen Zufluchtsort der Sugambrer.

4. Dort wird Gunthari mannhaft gemacht. Sein sterbender Vater erzählt ihm, daß sie eigentlich aus einem cheruskischen Fürstengeschlecht stammen; Guntram mußte die Heimat verlassen, als er seine Frau raubte und einen Angehörigen ihrer Sippe erschlug. Gunthari soll jetzt ins Cheruskerland zurückgehen. Guntram stirbt.

5. Die Totenfeier für Guntram findet statt, und die Römer ziehen ins Land der Sueven weiter. Gunthari bricht mit dem Freigelassenen Wolfhart auf.

6. Die beiden ziehen durch den dichten germanischen Urwald, wo sie von Wölfen angegriffen werden. Schließlich gelangen sie ins Land der Cherusker an der Weser.

7. Von seiner Sippe wird Gunthari freundlich aufgenommen. Es findet eine Bärenjagd statt, bei der Gunthari seinem Onkel Sigimer das Leben rettet, selbst aber schwer verletzt wird.

8. Nur langsam erholt er sich wieder. Inzwischen baut seine Familie für ihn einen Hof. Schließlich kann Gunthari auch Sigilind heiraten, die Schwägerin Sigimers, sehr zum Verdruß des Segestes.

9. Jahrzehnte später sind die Römer unter Drusus und Tiberius doch nach Germanien eingedrungen. Sigimers Sohn Sigifrid soll in ihren Dienst treten. Wie er aber mit Gunthari bespricht, denkt er stets an eine Befreiung vom Römerjoch.

10. Drei Jahre später kommt ein römischer Händler auf den Hof Guntharis und bringt Kunde vom neuen Statthalter Varus. Sigifrid, jetzt Arminius genannt, kehrt nach dem Tod seines Vaters ins Cheruskerland zurück, wo die Unzufriedenheit mit der römischen Herrschaft wächst.

11. Varus ist mit seinem Truppen im Lager in Germanien. Unter der Führung des Arminius planen die Germanen heimlich einen Überfall auf ihn. Segestes will bei einem Festmahl den Plan verraten, um sich an Arminius zu rächen, der seine Tochter entführt hat, doch schenkt Varus ihm keinen Glauben.

12. Die Germanen sammeln sich, darunter auch der greise Gunthari und - gegen seinen Willen - Segestes. Sie greifen das marschierende Heer des Varus an. Nach drei Tagen ist die Schlacht gewonnen, die Römer vernichtet. Gunthari fällt, als er den Adler einer Legion erobert, und stirbt in den Armen des Arminius.

Der "Siegesgesang nach der Varusschlacht" von Felix Dahn wird zitiert, der endet mit der Zeile "Und die Welt, sie gehört den Germanen.". Die Angriffe der Römer auf Germanien hörten auf, und viel später errichteten seine Nachfahren dem Befreier Germaniens ein Standbild auf dem Teutoburger Walde.

Bewertung

Die kleine Erzählung diente ganz offen der vaterländischen Erziehung der Jugend im Kaiserreich. Wie damals üblich, sah sie deswegen die Germanen zur Zeit des Arminius als direkte Vorfahren der Deutschen an. Germanen wie Römer werden sehr klischeehaft geschildert, erstere selbstverständlich stark heroisiert, während die Römer wie auch sonst in Werken der wilhelminischen Zeit die Stelle des welschen Erbfeindes (= der Franzosen) einnehmen mußten. Der Autor achtet sorgfältig darauf, Arminius vom Vorwurf des Verrats freizusprechen, indem ihm unmittelbar nach dem Festmahl des Varus ein Gefährte bescheinigt: "Jetzt hast du den Feldherrn nicht belogen", nämlich als Arminius versprach, mit Truppen zu kommen; der Verräter durfte nur Segestes sein.

Die Chronologie der Geschichte ist sehr unglaubwürdig; Segestes wäre danach zur Zeit der Varusschlacht etwa 80 Jahre alt gewesen, ebenso wie Gunthari. Auch sonst wirkt der Versuch ungeschickt, die Feldzüge Caesars mit den augusteischen Germanienkriegen zu verbinden. An faktischen Fehlern sei nur auf die hier wie sonst auch auftretenden Steinbeile der Germanen (S. 48) hingewiesen; auch gehörte zum Heer des Varus keine XX. Legion (S. 138).